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Besuch in Berlin Bundespräsident Cassis: «Ich habe einen guten Ton gespürt»

Bundespräsident Ignazio Cassis hat in Berlin die Führungsequipe getroffen – nebst Bundeskanzler Olaf Scholz tauschte er sich mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und mit Aussenministerin Annalena Baerbock aus. Im Interview spricht er über neue Bekanntschaften, das Verhältnis zur EU und ausgetauschte Handynummern.

Ignazio Cassis

Bundesrat

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Ignazio Cassis ist seit 2017 Bundesrat und Vorsteher des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA). Er wurde 1961 geboren, studierte Humanmedizin, promovierte an der Universität Lausanne und machte einen Master in Public Health. Von 1997 bis 2008 war er Kantonsarzt des Tessins. Cassis war dann während zweier Jahre Präsident der Bundeshausfraktion der Liberalen (FDP), der er seit seiner Wahl in den Nationalrat im Juni 2007 angehört. Von 2015 bis 2017 hatte er das Präsidium der Nationalratskommission für soziale Sicherheit und Gesundheit inne. Cassis war im Jahr 2022 Bundespräsident.

SRF News: Ignazio Cassis, wie haben Sie den Besuch stimmungsmässig erlebt?

Ignazio Cassis: Ich habe es gut erlebt. Es war ein schönes Treffen mit dem Bundespräsidenten Steinmeier. Den kannte ich von einem Staatsbesuch im Jahr 2018 in Bern. Wir haben uns gut unter vier Augen ausgetauscht. Ein Gespräch auf präsidialer Flughöhe. Wie geht es dem europäischen Kontinent? Was spielt die Covid-Krise für eine Rolle? Und vor allem: Wie sieht die Sicherheitslage in Europa aus?

EU: Steinmeier ermutigt zu Annäherung

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Aussenminister Ignazio Cassis hat bei seinem Besuch in Berlin auch den deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier getroffen. Unter anderem Gesprächsthema: das Verhältnis der Schweiz zur Europäischen Union.

Steinmeier habe die Schweiz ermutigt, auf dem Weg der Annäherung zur EU zu bleiben, hiess es. Laut dem Aussendepartement EDA ist ein konstruktives Verhältnis zur EU für die Schweiz zentral – es handle sich um eine «enge und beidseits vorteilhafte Partnerschaft», so Cassis. Gute und stabile Beziehungen zur EU seien auch mit Blick auf die bilateralen Beziehungen der Schweiz zu den EU-Mitgliedsstaaten, insbesondere ihrer Nachbarstaaten, von Bedeutung.

Auch Pandemie und Russland thematisiert

Laut dem deutschen Bundespräsidialamt kamen auch die Spannungen zwischen der Ukraine und Russland zur Sprache. Dabei hat sich Cassis gemäss dem EDA im Namen der Schweiz über die Zunahme der Spannungen besorgt gezeigt.

Ferner betonten beide Staatsoberhäupter, die Corona-Pandemie dürfe nicht wieder zu Grenzschliessungen führen. Sie stimmten in der Bedeutung des Impfens gegen das Virus als Weg aus der Pandemie überein. (awp)

Mit dem Bundeskanzler und der Aussenministerin hingegen haben wir etwas mehr auf der Flughöhe der Beziehungen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union und den bilateralen Beziehungen gesprochen. Und hier habe ich gespürt, wie enorm wichtig für Deutschland die Beziehung zwischen der Schweiz und der EU in Bezug auf den Handelsaustausch ist.

Es ist für beide Seiten enorm wichtig, dafür zu sorgen, dass sich die Beziehungen stabilisieren.

Denn wir haben mit Deutschland 100 Milliarden Franken Handel pro Jahr. Baden-Württemberg und Bayern alleine machen etwas mehr als 50 Milliarden Franken aus – so viel wie mit ganz China. Demzufolge ist es für beide Seiten enorm wichtig, dafür zu sorgen, dass sich die Beziehungen stabilisieren.

Konnten Sie konkret etwas erreichen? Haben Sie Zugeständnisse bekommen?

Wir diskutieren nicht mit Deutschland den politischen Dialog über die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU. Aber Deutschland als wichtiger Mitgliedsstaat hat selbstverständlich Interesse, dafür zu sorgen, dass die Beziehungen mit der EU gut funktionieren und will sich demzufolge auch so einbringen.

Bundespräsident Ignazio Cassis und der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz.
Legende: Handshake in Corona-Zeiten: Bundespräsident Ignazio Cassis und der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz. Keystone

Jetzt ist es in der Diplomatie ja auch so wie im normalen Leben: Es kommt auch darauf an, wie man sich persönlich versteht. Spürten Sie da auch eine Sympathie?

Zwei Partner waren neu, nämlich der Bundeskanzler und die Aussenministerin. Einen Partner habe ich schon ein wenig gekannt, nämlich den Bundespräsidenten. Es war die grösste Freude, wieder mit ihm zu sprechen.

Es besteht ein grosses Interesse auf beiden Seiten und eine wahre Absicht, gemeinsam etwas zu schaffen.

Beim Austausch mit dem Bundeskanzler und mit der Aussenministerin habe ich einen guten Ton gespürt, es besteht ein grosses Interesse auf beiden Seiten und eine wahre Absicht, gemeinsam etwas zu schaffen. Und ich bin sehr positiv beeindruckt. Es hat mir gut getan, mich mit diesen zwei Kollegen zu treffen und über diese grosse Herausforderungen zu reden, welche die Beziehungen zwischen Schweiz und der EU darstellen.

Haben Sie nun die Handynummern von Olaf Scholz und Annalena Baerbock?

Ja, ich habe die Handynummer von meinen Kollegen und Kolleginnen bekommen.

Und was haben Sie ins Gästebuch von Frank-Walter Steinmeier geschrieben? Das ging ja ewig!

Auf Italienisch habe zum Ausdruck gebracht, dass es eine grosse Freude und Ehre war, die Beziehung zwischen der Schweiz und Deutschland zu stärken, weil diese Beziehung fundamental ist.

Glauben Sie, dass Sie etwas erreicht haben?

Ich glaube, dieser Besuch war sehr wichtig. Es war ein Besuch auf den drei institutionellen Ebenen Bundespräsident, Bundeskanzler, Aussenministerin. Es ist ein Besuch zu Beginn einer neuen Legislatur in Deutschland, zu Beginn meines Präsidialjahres in der Schweiz. Er schafft die Voraussetzungen, damit wir gut miteinander auskommen und uns schnell anrufen können, wenn es etwas ist. Und das ist fundamental.

Das Gespräch führte Bettina Ramseier.

SRF 4 News, 20.01.2022, 20:00 Uhr ; 

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