Eine Fraktionschefin rennt mit dem Telefon am Ohr hin und her, eine Nationalrätin verdreht die Augen angesichts der vielen Kameras in der Wandelhalle und ein Parteipräsident schreitet angespannt durch das Bundeshaus. Die Nervosität ist hoch. Die Wahlen sind mehr oder weniger direkt spürbar während dieser letzten Session dieser aussergewöhnlichen Legislatur.
Da wurden etwa heikle Geschäfte wie heisse Kartoffeln hin und her geschoben , um damit einen Entscheid noch vor den Wahlen zu verhindern. So wollten die Grünen etwa, dass die Schweiz der Oligarchen-Taskforce beitritt. Auf Antrag des FDP-Fraktionschefs ging das Anliegen doch in die Kommission, um zunächst offene Fragen zu klären. Die Grünen warfen daraufhin den Bürgerlichen Verzögerungstaktik vor, was diese umgehend dementierten. Das Beispiel zeigt: Die Parteien beschuldigen sich gegenseitig, im Einzelfall lässt sich ein Taktieren aber kaum beweisen.
Schaulaufen an ausserordentlichen Sessionen
Direkt ins Parlament getragen haben die Polparteien ihre Wahlkampfthemen mit dem Instrument der ausserordentlichen Session. Die SVP mit ihrem Kernthema der Zuwanderung: «Neun Millionen Einwohner haben wir bereits letzte Woche erreicht, bald werden es zehn Millionen sein», erklärte SVP-Nationalrat Andreas Glarner. Gefordert wurden eine Obergrenze für die Zuwanderung und Asylverfahren im Ausland. Beides wurde abgelehnt, die Debatte diente eher dem Schaulaufen. 29 Nationalrätinnen und Nationalräte der SVP standen Schlange, um SP-Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider mit Fragen zu löchern.
Ebenso nutzten die SP und die Grünen die politische Bühne für eines ihrer Wahlkampfthemen: die Mieten. «Die Mietenden sind in der Schweiz die absoluten Milchkühe», sagte SP-Nationalrätin Jacqueline Badran. Die SP forderte etwa staatliche Mietzinskontrollen, die Grünen wollten preisgünstigen Wohnungsbau fördern. Auch diese Vorstösse blieben erfolglos.
Prämienschock und doch wenig Konkretes
Auch bei den Debatten über die Gesundheitskosten war der Wahlkampf spürbar. Laut SRG-Wahlbarometer ist es das Thema, das die Wählenden am meisten beschäftigt und dementsprechend wichtig sein könnte für den Wahlentscheid. So liessen denn auch die Medienmitteilungen der Parteien nicht lange auf sich warten, als Bundesrat Alain Berset in der dritten Sessionswoche den höchsten Anstieg der Krankenkassenprämien seit 2010 verkündete. Geht es dann um konkrete Entscheide zum Kostensparen, wie beispielsweise bei dem Kostendämpfungspaket 2, dann bremst das Parlament die Vorschläge des Bundesrats aber aus.
Wenig überraschend gab es nur wenige wichtige Entscheide so kurz vor Wahlen. Erwähnenswert sind die sichere Energieversorgung mit erneuerbaren Energien (Mantelerlass) oder der zweite Anlauf für eine Revision des CO₂-Gesetzes. Auch hier hatte das Parlament das Stimmvolk im Hinterkopf – zwar nicht im Hinblick auf die Wahlen, aber man spürte die Angst vor einem möglichen Referendum.
Obwohl die Nervosität während dieser Session generell hoch war, betraf das nicht alle. Es gab auch entspanntere Gesichter. Etwa bei denjenigen, die nicht mehr antreten. Insgesamt 37 Parlamentarierinnen und Parlamentarier haben ihren Platz geräumt. Ob nervös oder entspannt, es geht für alle im Bundeshaus eine aussergewöhnliche Legislatur mit zahlreichen Krisen zu Ende.