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Bischofswahl in St. Gallen Papst Leo XIV. muss genehmigen: So funktioniert eine Bischofswahl

Das Bistum St. Gallen wählt am Dienstag den zwölften Bischof seiner Geschichte. Wer es wird, bleibt zwei Tage lang geheim. Eine Übersicht.

Warum kommt es in St. Gallen zu einer Bischofswahl? Bischöfe sind dazu aufgerufen, dem Papst bei Vollendung des 75. Lebensjahres ihren Rücktritt anzubieten. Genau das tat Bischof Markus Büchel im vergangenen August, wenige Tage, bevor er 75 Jahre alt wurde. Der damalige Papst Franziskus hiess das Rücktrittsgesuch gut. Daraufhin begann das Domkapitel mit den Vorbereitungen für die Wahl eines neuen Bischofs. Das Domkapitel ist ein Wahlgremium aus 13 Geweihten, zu dessen bekanntesten Aufgaben es eben gehört, eine Bischofswahl vorzubereiten und durchzuführen.

Älterer Mann in violettem liturgischem Gewand mit Brille
Legende: Bischof Markus Büchel tritt nach der Wahl des neuen Bischofs ab. Keystone / Gian Ehrenzeller

Wie lief die Vorbereitung ab? Zuerst evaluierte das Domkapitel wichtige Eigenschaften des künftigen Bischofs. Die Konsultation war breit angelegt: Über 1300 Personen in fast 200 Gruppen nahmen daran teil. Schliesslich wurde ein Kandidatenkreis von 60 möglichen Bischöfen erstellt, wovon über Monate sechs auf einer geheimen Liste landeten. Diese Sechserliste wurde durch den Heiligen Stuhl gesichtet und kommentiert.

Was passiert am Wahltag? Um 9 Uhr lädt das Bistum zu einer Messfeier ein. Um 10:15 Uhr versammelt sich das katholische Kollegium, das Parlament des katholischen Konfessionsteils, im Kantonsratssaal zu einer ausserordentlichen Sitzung. Dort wird der Umschlag mit der geheimen Liste durch den Administrationsrat (Regierung) geöffnet. Dem Kollegium ist es erlaubt, maximal drei Kandidaten durch Mehrheitsentscheide als «mindergenehm» (grob übersetzt: «weniger erwünscht») zu bezeichnen. In der Geschichte der St. Galler Bischofswahlen wurde aber noch nie ein Name durch einen Mehrheitsentscheid von der Liste gestrichen. Anschliessend geht die Liste zurück ans Domkapitel.

Luftaufnahme von St. Gallen mit der Kathedrale im Zentrum.
Legende: Das Bistum St. Gallen ist das kleinste Bistum der Schweiz. Keystone/Gian Ehrenzeller

Wann wird der neue Bischof gewählt? Am Nachmittag trifft sich das Domkapitel zuerst zum gemeinsamen Gebet mit Gläubigen in der Kathedrale. Dann begibt sich das Gremium in die Sakristei, wo der neue Bischof geheim gewählt wird. Bischöfe müssen durch den Papst bestätigt werden. Der Name des neuen Bischofs bleibt bis zur Bestätigung durch Papst Leo XIV. geheim. Dies dürfte zwei Tage dauern.

Welchen Einfluss hatte der Tod von Papst Franziskus? Eigentlich hätte der neue Bischof von St. Gallen am 23. April gewählt werden sollen. Weil aber Papst Franziskus kurz davor am Ostermontag verstarb, musste das Bistum St. Gallen die Wahl verschieben, denn: Ohne die Bestätigung des Papstes kann kein neuer Bischof gewählt werden. Deshalb musste das Bistum zuerst das Konklave, die Wahl des neuen Papstes Leo XIV., abwarten.

Welche Bedeutung hat der St. Galler Bischof? St. Gallen ist das kleinste Bistum der Schweiz. Der abtretende Bischof Markus Büchel war eher liberal bis progressiv, also kein Traditionalist. In der Schweiz gibt es sechs Bistümer, welche die Schweizer Bischofskonferenz bilden. Dort ist es derzeit schwierig, einen Präsidenten zu finden – wegen des Alters oder wegen des Umgangs mit Missbräuchen. Es ist möglich, dass der St. Galler Bischof hier Präsident wird und damit der Einfluss steigt.

So schätzt die Religionsredaktion die Wahl ein

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Am 20. Mai wird im Kanton St. Gallen ein neuer Bischof gewählt. Wer Nachfolger von Markus Büchel sollte zwei oder drei Tage danach bekannt sein. SRF-Religionsredaktorin Nicole Freudiger erläutert die wichtigsten Fragen zur Bedeutung.

Warum ist es wichtig, wer neuer Bischof von St. Gallen wird?

Im Kanton St. Gallen sind noch immer fast 40 Prozent der Bevölkerung über 15 Jahren Mitglied der katholischen Kirche. Das liegt über dem Schweizer Schnitt. Im Bistum St. Gallen werden auch mehr Kinder getauft als in anderen Bistümern. Die katholische Kirche spielt noch eine Rolle. Zudem sind auch die nächsten zehn Jahre entscheidend: Die Hälfte des Personals der römisch-katholischen Kirchen geht in dieser Zeit in Pension. Das heisst: Es braucht neue Ideen, wie das Kirchenleben weiter stattfinden kann, wenn man keinen Priester oder keine Seelsorgerin findet. Da kommt es darauf an, ob der neue Bischof eher bremst oder eher vorwärtsmacht.

In der katholischen Kirche gibt es Themen, die aufgearbeitet werden sollen. Es gibt Forderungen von Reformbewegungen, Missbrauch ist ein Thema, aber auch die Rolle der Frau in der Kirche. Kann da ein neuer Bischof mehr bewirken?

Das Bistum ist gerade bei der Missbrauchsthematik auf einem guten Weg. Es geht weniger darum, was man mehr machen kann, sondern darum, ob jemand bremst. Es braucht also einen Bischof, der weiterhin mitzieht. Das ist sehr wichtig für den Ruf der römisch-katholischen Kirche. Es gab kürzlich einen Fall in der Zentralschweiz, der publik wurde. Das zeigt, dass zu den Missbräuchen immer wieder etwas zum Vorschein kommen kann. Es ist wichtig, dass der Bischof das sieht und kommunikativ gut damit umgehen kann. Und zu den Frauen: Im Bistum St. Gallen wird eine Mehrheit der Pfarreien von Frauen geleitet. Das zeigt, dass das Bistum schon länger moderat progressiv unterwegs ist.

Wenn ich nichts mit der katholischen Kirche oder mit Religion am Hut habe: Warum sollte mich die Wahl des neuen St. Galler Bischofs trotzdem interessieren?

Es gibt natürlich das gesellschaftliche Engagement der Kirche. Die Kirche ist immer noch sehr aktiv in sozialen Fragen – das wird auch sehr geschätzt. Dazu muss man wissen: Für jeden Franken, den man innerhalb der Kirche bei sozialen Engagements ausgibt, kommt mehr als ein Franken zurück, weil bei der Kirche viel freiwilliges Engagement dabei ist. Dies nützt auch denen, die mit der Kirche gar nichts am Hut haben.

Regionaljournal Ostschweiz, 20.5.2025, 6:31 Uhr ; 

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