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Boxenstopp für Laubbläser Neues Leben für Zürichs Besen – logisch und visionär

Nur noch im Herbst wirbelt Zürich die Blätter mit Maschinen auf. Die Vorteile liegen beim Besen. Gedanken zur Saison.

Zürich war der Zeit schon immer einen Tick voraus, einfach einen Schritt schneller als die Restschweiz. Und zwar nicht nur, wenn man das Schritttempo der Fussgängerinnen und Fussgänger in den Städten vergleicht.

Nein. Zürich hatte die Nase schon immer im Wind: Die erste Grossbank der Schweiz etwa war die Kreditanstalt von Alfred Escher. Gut, die spätere CS wurde dann auch als erste Grossbank vom Management nach allen Regeln der Kunst in den Sand gesetzt.

Aber der erste patentierte Suppenwürfel? Richtig – Maggi – angemeldet in Zürich. Nicht zu vergessen die WC-Ente und die erste Uni der Schweiz! O. K., da war Basel deutlich schneller. Aber immerhin, die erste nicht kirchlich und nicht königlich finanzierte Hochschule von Europa, das war – richtig – die Universität Zürich.

Und jetzt also ein weiterer wegweisender Schritt. Nach der Regulierung der Komposthaufen und dem Verbot für Werbeplakate verbietet Zürich den benzinbetriebenen Laubbläser. Schluss mit diesen Höllenmaschinen zu jeder Jahreszeit, und selbst im Herbst sind nur noch elektrisch betriebene Geräte erlaubt. Auch dieser Schritt ist, wenn nicht der Zeit voraus, dann wenigstens vorausschauend.

Einen kleinen Schönheitsfehler hat das Abstimmungsresultat aber schon: Es durften ganz bestimmt deutlich mehr Leute abstimmen, die sich über den Lärm von Laubbläsern ärgern, als solche, denen der Laubbläser die Arbeit erleichtert.

Aber egal. Zurück zum Vorausschauenden: Grünstadt Zürich besitzt die stolze Zahl von 139 Laubbläsern, vielleicht inzwischen noch ein paar mehr. Obwohl sie allesamt elektrisch betrieben werden, dürfen sie künftig nur noch Teilzeit arbeiten. Das bedeutet, dass wieder vermehrt von Hand gewischt werden muss.

Und hier zeigt sich Zürichs Weitsicht: Nicht der Lärm der Bläser gab den Ausschlag für das Ja, denn dann müsste man Töffs und Motorsägen ja auch verbieten. Und nicht der Gestank der Geräte war massgebend, denn sonst würde Nachbars Grill auch bald reguliert.

Nein. Entscheidend sind die aktuell unsicheren Zeiten. Sie gaben den Ausschlag. Man stelle sich vor, was es für den Werkplatz Zürich bedeutet, wenn Trumps astronomische Zölle bleiben und auch noch die UBS aus «Little Big City» wegzieht. Dann fallen im Herbst nicht nur die Blätter vom Himmel, dann werden auch Tausende Jobs vom Winde verweht.

Darauf will man vorbereitet sein. Laut Grünstadt Zürich arbeitet ein Laubbläser etwa gleich viel wie drei bis vier mit Besen ausgerüstete Wischer. Rechnen Sie selbst. Das eröffnet dem einen oder anderen potenziell überzähligen Banker vom Paradeplatz neue Karrieremöglichkeiten.

Statt Hedgefonds managen und Steuerakten durchblättern, Laub wischen. Der Laubbläser-Entscheid ist also nicht etwa ein kleinkariertes Verbot. Es ist ein veritables Revitalisierungsprogramm für die Wirtschaft. Soll noch jemand sagen, Zürich habe nicht hellsichtig entschieden.

Stefan Eiholzer

Leiter Inlandredaktion

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Stefan Eiholzer ist Leiter der Inlandredaktion von Radio SRF. Er ist seit 2001 für SRF tätig: Zuerst war er TV-Inlandkorrespondent in Luzern, anschliessend Redaktor beim «Kulturplatz» sowie in der Leitung der Regionalredaktion Zentralschweiz von Radio SRF. Eiholzer hat unter anderem am Institut für Journalismus und Kommunikation (MAZ) studiert.

Rendez-vous, 29.09.2025, 12:30 Uhr;liea

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