Grossbritannien will in den Steuerparadiesen unter britischer Flagge wie Isle of Man, Bermuda, den Britischen Jungferninseln und den Kaiman-Inseln mehr Transparenz schaffen. Ein Gesetzesentwurf des Unterhauses sieht vor, dass offengelegt werden muss, wem die dort angesiedelten Briefkastenfirmen gehören.
Doch der Vorsitzende des Geldwäscherei-Ausschusses des Europarats, Daniel Thelesklaf, sieht darin nicht nur Positives.
SRF News: Wie sehr freuen Sie sich über den Effort Grossbritanniens, endlich seine Steuerparadiese an die Kandare zu nehmen?
Daniel Thelesklaf: Grundsätzlich ist es gut und wichtig für die Geldwäschebekämpfung, dass man weiss, wer Gesellschaften kontrolliert. Allerdings bin ich etwas skeptisch, wenn zusätzliche Regulierungen eingeführt werden, ohne dass diese zu einem weltweit gültigen Standard führen.
Im Fall der USA darf man realistischerweise nicht damit rechnen, dass sich bald etwas ändert.
Entscheidend ist wahrscheinlich auch der Zeitpunkt: Ab wann setzt Grossbritannien das neue Gesetz um?
Es geht um Zehntausende wenn nicht Hunderttausende Gesellschaften, die betroffen sind. Insbesondere auf den Britischen Jungferninseln sind sehr viele von ihnen angesiedelt. Ich habe ein gewisses Verständnis dafür, dass man das nicht über Nacht machen kann und man lange Übergangsfristen braucht. Wichtig ist das Signal, das ausgesendet wird. Jetzt wird wohl Bewegung in die Sache kommen und gewisse Gesellschaften werden die betroffenen Standorte wahrscheinlich verlassen.
Sind auch sogenannte Trusts von dem britischen Gesetz betroffen?
Das ist eine entscheidende Frage. In Grossbritannien sind Trusts bislang nicht betroffen, nur Gesellschaften müssen ihre wirtschaftlich Berechtigten offenlegen. Ich gehe davon aus, dass die gleiche Lücke auch auf die britischen Übersee-Territorien angewendet wird.
Man muss die Offenlegung weltweit einführen, sonst ziehen die Leute einfach dorthin weiter, wo der neue Standard nicht gilt.
Ist es nicht so, dass durch den Schritt Londons bloss andere Steueroasen, wie solche in den USA oder etwa Panama profitieren werden?
Das ist genau das Problem. Wenn man den Weg einer Offenlegung wählt, dann muss man sie weltweit betreiben, sonst ziehen die Leute einfach in jene Standorte weiter, welche den neuen Standard noch nicht erfüllen. In diesem Fall ist der Bekämpfung der Geldwäscherei überhaupt kein Nutzen getan. Deshalb bin ich auch skeptisch gegenüber der Veröffentlichung solcher Daten. Klar: Transparenz ist wichtig. Aber das heisst nicht unbedingt, dass gleich alles Private öffentlich werden muss – und das nur auf der Hälfte der Welt.
Gibt es Signale aus Panama und den USA, dass man auch dort Transparenz herstellen will?
Beide Länder schneiden in den internationalen Vergleichen schlecht ab. Die USA haben bei der Gafi-Prüfung die tiefstmögliche Note bekommen, was die Transparenz der Gesellschaften angeht. Der Druck auf diese Länder, mehr zu tun, wird deshalb anhalten. Realistischerweise darf man zumindest im Fall der USA aber nicht damit rechnen, dass sich bald etwas ändert.
Welche Konsequenzen haben die britischen Gesetzespläne allenfalls für den Finanzplatz Schweiz?
Die Schweiz hat die Finanzplatz-Prüfung des Gafi bestanden, deshalb besteht kein unmittelbarer Bedarf für Gesetzesanpassungen. Man wird hierzulande wohl nicht so weit gehen, die Angaben der wirtschaftlich Berechtigten öffentlich zu machen. So lange die USA das auch nicht machen, wird der Druck dafür auch auf die Schweiz nicht allzu gross.
Das Gespräch führte Ivana Pribakovic.