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Brust- und Eierstockkrebs «Gendefekt schwebt wie ein Damoklesschwert über der Frau»

Gendefekte können das Brust- und Eierstockkrebsrisiko stark erhöhen. Die Kassen zahlen neu in allen relevanten Fällen.

Nicht für alle Frauen ist das Risiko gleich gross, eines Tages an Brustkrebs zu erkranken. Seit Anfang Jahr übernehmen bei Gendefekten die Krankenkassen eine vorsorgliche Entfernung von Brustgewebe oder von Eierstöcken, um einer möglichen Krebserkrankung vorzubeugen.

Wer einen Gendefekt geerbt hat, weist ein erhöhtes Risiko von 60, teils sogar 80 Prozent auf, eines Tages Brustkrebs zu bekommen.
Autor: Cornelia Leo Chefärztin Brustzentrum Kantonsspital Baden

Cornelia Leo, Chefärztin am Brustzentrum des Kantonsspitals Baden und Präsidentin der Schweizerischen Gesellschaft für Senologie, erklärt die unterschiedlichen Risiken für Frauen: «Unabhängig von einem Gendefekt hat jede Frau ein Risiko von etwa zwölf Prozent, im Laufe des Lebens an Brustkrebs zu erkranken. Wer einen Gendefekt geerbt hat, weist ein erhöhtes Risiko von 60, teils sogar 80 Prozent auf, eines Tages Brustkrebs zu bekommen.»

Wichtig: die Familiengeschichte

Frauen mit einem erhöhten genetischen Risiko haben in der Regel mehrere Familienangehörige, die selber schon an Brustkrebs erkrankten. Wenn eine Abklärung einen solchen Gendefekt bestätigt, hat die Frau zwei Möglichkeiten. Entweder steht eine intensivierte Früherkennung mit Mammografie und MRI an, denn Brustkrebs ist in einem frühen Stadium gut heilbar, oder das Brustgewebe wird entfernt.

Cornelia Leo erklärt den operativen Eingriff: «Das Brustgewebe wird auf beiden Seiten entfernt. Das kombiniert man in der Regel mit einem Wiederaufbau der Brust. Damit wird das Auftreten von Brustkrebserkrankungen verhindert.» Nach einer sorgfältigen Beratung solle jede Frau für sich entscheiden, welcher Weg für sie stimmt.

Vorsorgliche Entfernung bei Eierstöcken empfohlen

Beim seltenen Eierstockkrebs drängen die medizinischen Fachleute bei einem erhöhten genetischen Risiko hingegen stärker auf eine vorsorgliche operative Entfernung, denn die Heilung und Früherkennung ist beim Eierstockkrebs viel schwieriger.

Ein Gendefekt schwebt wie ein Damoklesschwert über der Frau.
Autor: Cornelia Leo Chefärztin Brustzentrum Kantonsspital Baden

Bislang haben die Krankenkassen eine vorsorgliche Entfernung erst bei einzelnen Gendefekten finanziert. Das hat sich jetzt geändert. Bei allen massgeblichen Gendefekten in diesem Bereich wird eine vorsorgliche Operation nun übernommen.

Für die betroffenen Frauen sei dies sehr wichtig, betont Chefärztin Cornelia Leo: «Ein Gendefekt schwebt wie ein Damoklesschwert über der Frau. Jetzt hat sie die Möglichkeit, sich zu entscheiden und die Kostenübernahme ist geklärt.» Insgesamt dürften schweizweit mehrere Zehntausend Frauen solche Gendefekte in sich tragen.

Die Zahlen im Überblick:

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Schätzungsweise 70'000 Frauen in der Schweiz tragen einen erblichen Gendefekt in sich, der das Risiko stark erhöht, im Verlauf des Lebens an einem Brust- und/oder einem Eierstockkrebs zu erkranken. Wie Chefärztin Cornelia Leo erklärt, liegt ungefähr fünf bis zehn Prozent aller Brustkrebserkrankungen und zirka 20 Prozent aller Eierstockkrebserkrankungen eine erbliche Ursache zugrunde.

Der Gendefekt wird also in der Familie von Generation zu Generation weitergegeben. Die häufigsten Gene in diesem Zusammenhang sind BRCA1  und BRCA2 . Es gibt aber noch andere Hochrisikogene, die wegen Mutationen das Brustkrebs- und/oder Eierstockkrebsrisiko erhöhen können.

Zum Thema «erhöhtes Risiko» sagt die Präsidentin der Schweizerischen Gesellschaft für Senologie: Jede Frau hat unabhängig von einem erblichen Gendefekt ein Risiko von zirka zwölf Prozent, dass sie bis zum Alter von 80 bis 85 Jahren an einem Brustkrebs erkrankt. Trägt jemand einen solchen Gendefekt mit sich, erhöht sich das Risiko auf 60 und zum Teil gar auf 80 Prozent. Beim seltenen Eierstockkrebs liegt das grundsätzliche Lebenszeitrisiko bei ungefähr einem Prozent. Mit einem Gendefekt kann das Erkrankungsrisiko auf 20 bis 40 Prozent ansteigen.

Entsprechend wichtig ist bei der Vorsorgeuntersuchung die Frage nach der Familiengeschichte, um mit einem Gentest allfällige Schwachstellen rechtzeitig abzuklären und allenfalls zu handeln. Eine allfällige vorsorgliche Entfernung von Brustgewebe und Eierstöcken ist neu «in allen relevanten Fällen» von der Grundversicherung gedeckt. Bisher war das nur in einzelnen Fällen so oder vom Goodwill der Krankenkassen abhängig.

 

HeuteMorgen, 03.01.2024, 7 Uhr

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