- Der Bereich «Insel» beim Brienzer Rutsch beschleunigt sich weiter. Die Gemeinde rechnet fest damit, dass sicher ein Teil davon noch in diesem Jahr abgleitet oder abstürzt.
- Die Anwohnenden müssen sich auf eine baldige Evakuierung einstellen.
Bilder: Geopraevent AG für Tiefbauamt Graubünden / Animation: CSD Ingenieure AG / Quelle: Frühwarndienst Albula/Alvra
Besonders problematisch ist ein steiler Bereich inmitten der Geröllwand oberhalb von Brienz/Brinzauls, die sogenannte «Insel». Dieser Bereich rutscht unabhängig vom Rest des Brienzer Rutsches, daher der Name. Während sich die Rutschung des ganzen Bergs beruhigt hat, nimmt die «Insel» weiter an Geschwindigkeit zu. Experten rechnen noch in diesem Jahr mit einem Teil- oder Komplett-Absturz des Bereichs.
Eine unmittelbare Gefahr für das Bergdorf Brienz/Brinzauls (GR) im Albulatal und die Bevölkerung bestehe aber nicht, erklären die Behörden. Deshalb bleibe ausreichend Zeit für eine geordnete Evakuierung.
Seit Anfang Jahr hat nicht nur die Bewegung der «Insel» zugenommen, sondern auch jene seiner Basis. Dem Bereich «Insel» bricht also sozusagen der Boden unter den Füssen weg. Geologinnen und Geologen halten drei Szenarien mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten für möglich, wie die «Insel» abgleiten oder gar abstürzen könnte:
Szenario 1: Felsstürze (60 Prozent Wahrscheinlichkeit). Einige hundert bis einige hunderttausend Kubikmeter Felsmaterial würden einzeln abstürzen. Schäden wären gering, die Chance, dass diese Brocken das Dorf erreichen, ebenfalls. Höchstens am oberen Ende des Dorfes.
Szenario 2: Schuttstrom (30 Prozent Wahrscheinlichkeit). Die «Insel» würden wie eine zähe Masse mehrere Meter pro Tag in Richtung Dorf und Umgebung rutschen. Schäden wären erheblicher. Je nach Menge des Schuttmaterials würde dieses das Dorf erreichen.
Szenario 3: Bergsturz (10 Prozent Wahrscheinlichkeit). Das Dorf würde durch herabstürzende Felsbrocken und eine Gesteinslawine gravierenden Schäden erleiden. Das ist abhängig des abstürzenden Schuttmaterials.
Welches Szenario eintritt, können die Experten nicht vorhersagen. Aufgrund der Messdaten aus den Überwachungssystemen, die seit Jahren im Einsatz sind, können aber verschiedene Faktoren wie Felsmasse und Zeitpunkt genauer eingeschätzt werden, je näher das Ereignis kommt.
Bevölkerung informiert
Zum heutigen Zeitpunkt legen sich die Experten so fest: Ein Abrutschen oder Abstürzen der «Insel» oder Teilen davon passiert zwischen Frühsommer und Ende des Jahres. Inzwischen ist die Bevölkerung von Brienz/Brinzauls über den Ablauf einer drohenden Evakuierung informiert worden. Die Behörden riefen die Betroffenen dazu auf, sich Gedanken zu machen, wo sie hin könnten. Die Anwohnenden müssten sich auf eine baldige Evakuierung von mehreren Wochen bis mehreren Monaten einstellen.
Dabei sollen die Betroffenen in erster Linie ein Notgepäck mitnehmen: Persönliche Dokumente, Geld, Mobiltelefon und Ladegerät, Medikamente, Kleider, Spielsachen für Kinder, kleine Wertsachen und Toilettenartikel.
Der Brienzer Rutsch in Bildern
Parallel laufen Abklärungen, wie die Räumung des Dorfes oder langfristig eine Umsiedlung erfolgen könnte. Ab Freitag wird für die Betroffenen zudem eine Hotline eingerichtet.