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Zu hoher Druck im Berg Bündner Dorf rutscht ins Tal: So will der Kanton Brienz retten

Das Bündner Dorf bewegt sich einen Meter pro Jahr. Die Regierung will jetzt den Berg entwässern – koste es, was es wolle.

Es ist offensichtlich: Brienz rutscht. Die Schäden an Gebäuden und der Infrastruktur nehmen stark zu. Es gibt Risse in Hausmauern und Verschiebungen. Aktuell rutscht das Dorf Brienz über 1 Meter pro Jahr talabwärts. Zum Teil sind es bis zu 1.35 Meter.

Aufgrund vertiefter Untersuchungen haben sich laut Bündner Regierung die Hinweise verdichtet, dass hoher Wasserdruck im Innern des Berges für die Bewegungen verantwortlich ist. Das beobachte man weltweit, auch bei anderen Rutschen, schreibt die Regierung an die Adresse des Bündner Parlaments.

Druck aus dem Berg ablassen

Erste Massnahmen greifen: Alleine schon mit dem Sondierstollen der gebaut wurde, habe man den Druck verkleinern können. Die Bewegungen seien langsamer geworden.

Deshalb will die Bündner Regierung jetzt einen grossen Entwässerungsstollen bauen und beantragt dafür beim Parlament einen Kredit von 40 Millionen Franken. Damit soll der heutige Sondierstollen verlängert werden.

«Wir sind verpflichtet, das jetzt in die Wege zu leiten», sagt der Vorsteher des Bündner Departements für Infrastruktur, Energie und Mobilität, Regierungsrat Mario Cavigelli am Donnerstag. Man müsse alles Menschenmögliche versuchen, das Dorf zu retten.

Stollen kostet bis 80 Millionen Franken

Allerdings gibt es noch viele offene Fragen. Stand jetzt ist unklar, wo der Stollen genau durchführen soll. Je nach Variante wird es deutlich billiger oder deutlich teurer. Die Schätzungen gehen von 20 Millionen Franken bis 80 Millionen Franken. Welche Variante am sinnvollsten sei, hänge von weiteren Untersuchungen ab und könne heute noch nicht gesagt werden, so die Regierung.

Ich sage etwas plakativ: Das Ganze ist keine Frage des Geldes.
Autor: Mario Cavigelli Regierungsrat Graubünden

«Die Bergbevölkerung, die Naturgefahren ausgesetzt ist, muss darauf vertrauen können, dass die öffentliche Hand hilft, Gefahren abzuwehren», sagt Regierungsrat Mario Cavigelli. Plakativ gesagt: Das Ganze sei keine Frage des Geldes. «Wir müssen Sicherheit und Vertrauen schaffen».

Offen ist auch, ob man mit den baulichen Massnahmen Brienz wirklich retten kann. Will heissen, ob der Rutsch auch wirklich stark genug abgebremst werden kann. Dafür müsse man die weiteren Untersuchungsergebnisse aus dem bestehenden Sondierstollen abwarten, sagt Regierungsrat Cavigelli. Ein Haufen offene Fragen also – gleichzeitig aber eilt es. Der Millionenkredit kommt im Dezember in den Bündner Grossen Rat.

Die Gefahr eines Felssturzes steigt

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  • Auch der Berg oberhalb des Dorfes Brienz bewegt sich – mit bis zu 10 cm pro Tag, besonders wenn es geregnet hat.
  • Der obere Teil des Hanges habe sich wie «zerlegt», sagt Stefan Schneider, Geologe und Leiter des Frühwarndienstes Brienzer Rutsch. In das lockere Gestein könne Wasser eindringen.
  • Es sei mit kleineren Abbrüchen zu rechnen. Auf der Kantonsstrasse gibt es deshalb ein Frühwarnsystem mit Ampel.
  • Grössere Abbrüche bis eine Million Kubikmeter sollten mit den Messgeräten vorausgesagt werden können.
  • Zur Zeit wird das Evakuierungskonzept der Gemeinde Albula/Alvra überarbeitet.

Schon vergangene Woche hatte die Gemeinde informiert, dass der Hang oberhalb des Dorfes stark in Bewegung ist. Der Hang wird mit einem Frühwarnsystem überwacht.

Regionaljournal Graubünden, 22.09.2022, 12:03 Uhr ; 

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