Verteidigungsminister Martin Pfister hat kurz nach dem Gletscherabbruch im Walliser Lötschental die volle Unterstützung der Armee zugesichert. Bis jetzt sind den Einsatzkräften aber die Hände gebunden, weil das Gelände nach wie vor zu instabil ist. In der «Samstagsrundschau» erklärt der Bundesrat, wie er auf die Geschehnisse in Blatten blickt und welche Rolle die Armee längerfristig spielen wird.
SRF News: Herr Bundesrat, Sie sind noch am Tag des Unglücks ins Lötschental gereist. Welcher Eindruck bleibt?
Martin Pfister: Es ist ein Eindruck von äusserster Brutalität, wie die Natur im Tal gewütet hat. Es ist auch der Eindruck von Menschen, die alles verloren haben, auch ihre Herkunft und Geschichte, die so wichtig ist und zur gesamten Schweiz gehört. Gleichzeitig ist es aber auch ein Eindruck von grosser Solidarität. Ich habe die Gemeinschaft gespürt, den Zusammenhalt. Es ist eindrücklich, wie die Lötschentalerinnen und Lötschentaler mit dieser Katastrophe umgehen.
Sind Sie auch aktuell im Austausch mit den Menschen vor Ort?
Ich bin im ständigen Austausch mit der Armee vor Ort, aber auch mit dem Gemeindepräsidenten Matthias Bellwald, der ein Studienfreund von mir ist. Ich werde zudem heute erneut ins Lötschental reisen, um an einer Versammlung der Anwohnerinnen und Anwohner teilzunehmen. Es ist wichtig, den Menschen zu zeigen, dass sie nicht alleine sind.
Klar, wenn wir nichts machen können, ist es natürlich frustrierend für alle Seiten. Aber wir tun, was wir können.
Die Armee ist zwar vor Ort, kann aber kaum etwas tun, weil das Gelände zu unstabil ist. Haben Sie zu viel versprochen, als Sie den Blattnerinnen und Blattnern sofortige Hilfe zusicherten?
Nein, wir waren sofort einsatzbereit und das war ganz wichtig. Klar, wenn wir nichts machen können, ist es natürlich frustrierend für alle Seiten. Aber wir tun, was wir können. Wir sind mit einem kleinen Detachment vor Ort, überwachen die Lage, auch in der Nacht, oder unterstützen bei den Eintrittskontrollen ins Tal. Grössere Einsätze sind wegen der Sicherheit momentan nicht möglich.
Der Armeeverantwortliche vor Ort, Reynold Droz, hat am Freitag seinen Frust über die erzwungene Untätigkeit ausgedrückt. Sie teilen also dieses Gefühl?
Ja, das ist auch mein Gefühl. Aber die Sicherheit für die Einsatzkräfte geht vor. Das muss man so akzeptieren.
Wie geht es mit den Soldatinnen und Soldaten im Lötschental weiter – werden sie nun vorerst wieder abgezogen?
Wir bleiben mit rund 70 Armeeangehörigen vor Ort. Mehr wären theoretisch möglich, sind aber derzeit nicht nötig. Wir beurteilen die Lage von Tag zu Tag.
Ich werde mich mit grossem Engagement dafür einsetzen, dass die Menschen in dieser Phase der Überbrückung genügend Unterstützung und Mittel haben, um in Würde zu leben.
Können Sie etwas zur längerfristigen Perspektive sagen – kann das Dorf Blatten irgendwann wieder aufgebaut werden?
Das ist, Stand heute, schwierig zu sagen. Noch ist unklar, was mit dem gigantischen Schuttkegel passiert, ob er rückgebaut werden kann oder nicht. Es ist zu früh für eine Beurteilung.
Der Bundesrat wird sich voraussichtlich nächsten Freitag mit dem Thema auseinandersetzen. Da wird es wohl auch um die finanzielle Unterstützung der Betroffenen gehen. Wie werden Sie sich in die Diskussion einbringen?
Ich werde mich zusammen mit dem Bundesrat mit grossem Engagement dafür einsetzen, dass die Menschen in dieser Phase der Überbrückung genügend Unterstützung und Mittel haben, um in Würde zu leben – bis sie wieder ein Dorf haben.
Das Gespräch führte Eliane Leiser.