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Bundesrat Ueli Maurer «Der Schweizer Finanzplatz gehört schon heute zu den grünsten»

Finanzminister Ueli Maurer reist morgen an den Klimagipfel in Glasgow. Dort möchte er die Schweiz als grünen Finanzplatz bewerben. Und sich für internationale Standards stark machen, die definieren, was wirklich klimafreundliche Anlagen sind. Die Schweiz könne eine Vorreiterrolle bei grünen Anlagen spielen.

Ueli Maurer

Alt-Bundesrat

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Ueli Maurer ist 1950 geboren. Er erwarb das eidgenössische Buchhalterdiplom und war von 1994 bis 2008 Geschäftsführer des Zürcher Bauernverbandes. Bis Ende 2008 war er auch Präsident des Verbandes Schweizerischer Gemüseproduzenten und des Schweizer Maschinenrings. Zudem war Maurer von 1996 bis 2008 Präsident der SVP Schweiz. Von 1991 bis zu seiner Wahl in den Bundesrat war er Nationalrat. Der SVP-Politiker war von 2009 bis 2022 Bundesrat, bis 2016 Vorsteher des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) und danach Vorsteher des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD).

SRF News: Auf den ersten Blick mag es erstaunen, dass der Finanzminister auch am Klimagipfel teilnimmt – was wollen Sie dort konkret erreichen?

Ueli Maurer: Es geht um nachhaltige Finanzanlagen. Hier hat die Schweiz sehr gute Karten, weil wir sehr viel Know-how haben. Und es gibt nun Leute mit viel Geld, vor allem institutionelle Anleger wie Pensionskassen oder Stiftungen. Die wollen Geld nachhaltig anlegen, also in Projekte investieren, die der Umwelt dienen. Hier kann die Schweiz eine Rolle einnehmen, die sie schon länger wahrgenommen hat.

Wir haben den meisten Finanzplätzen etwas voraus und diese Karte müssen wir gerade auch in Glasgow spielen.

Die Schweiz als grüner Finanzplatz. Könnte das auch ein zukunftsweisendes Modell sein? Kann sich die Schweiz in diesem Bereich mehr profilieren?

Die Schweizer Finanzdienstleister erhoffen sich das. Wir sind überzeugt, dass wir das unterstützen können. Wir haben kurze Verbindungen. Wir haben ein hervorragendes Versicherungswesen. Wir haben viel Geld. Den meisten Finanzplätzen haben wir da etwas voraus und diese Karte müssen wir gerade auch in Glasgow spielen.

Wie grün ist denn heute der Schweizer Finanzplatz?

Er gehört wahrscheinlich zu den grünsten. Aber wir müssen ehrlich auch sagen, dass wir am Anfang einer Entwicklung stehen. Man ist noch am Definieren, was ist wirklich grün, was ist wirklich nachhaltig. Hier gibt es noch keinen überall anerkannten Standard.

Es wird wohl noch einige Zeit gehen, bis man internationale Standards hat.

Was ist für Sie nachhaltig? Sind zum Beispiel Investitionen in Atomenergie, die auch CO2 einspart, nachhaltig?

In der Schweiz ist das nicht der Fall. Aber in fast allen anderen Ländern wird Atomenergie zu den grünen und nachhaltigen Anlagen gezählt. Aber es ist vor allem natürlich die Energiefrage, Investitionen in erneuerbare Energien, die nachhaltig beurteilt werden.

Muss man das regulieren, auch weltweit, was nachhaltige Investitionen sind?

Wir arbeiten eher an freiwilligen Standards, in denen Anleger definieren und transparent darstellen, was ist. Weil auch für Anleger ist nicht alles, was als grün definiert wird, dann wirklich grün. Es wird wohl noch einige Zeit gehen, bis man internationale Standards hat.

Auch hier glaube ich, dass wir die Nase etwas vorne haben. Unsere Banken und Finanzdienstleister sind seriös und möchten genau das verhindern.

Besteht das Risiko, dass sich einzelne Banken ein grünes Mäntelchen umlegen? Man spricht immer wieder von «Green Washing»?

Dieses Risiko besteht tatsächlich. Gerade wir in der Schweiz möchten hier eigentlich Qualität bieten und das im Vorneherein ausschliessen. Auch hier glaube ich, dass wir die Nase etwas vorne haben. Unsere Banken und Finanzdienstleister sind seriös und möchten genau das verhindern. Aber es wird ein Diskussionsthema bleiben. Denn die Nachfrage nach grünen Investitionen ist grösser als das Angebot zurzeit.

Im Inland ist umstritten, ob man diese Investitionen regulieren soll. Einzelne Parteien würden Investitionen in Erdöl am liebsten verbieten. Ihre Partei, die SVP, findet, die Bankenbranche soll selbst entscheiden können, wo investiert wird. Sehen Sie das auch so?

Im Moment geht es darum, dass wir eine Selbstdeklaration machen. Es ist nicht sinnvoll, in einem Sektor, der sich sehr rasch wandelt, Gesetze zu schreiben. Die müssten wohl alle halbe Jahre angepasst werden. Wir müssen auch etwas experimentieren und Erfahrungen sammeln. Es ist zu früh, um über eine gesetzliche Vorschrift zu diskutieren.

Das Gespräch führte Andy Müller.  

SRF 4 News, 02.11.2021, 14:30 Uhr ; 

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