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Bundesratsvakanz im Wahljahr Berset-Rücktritt: Wie die SP davon profitieren könnte

Im Dezember wird ein Platz in der Landesregierung neu besetzt, denn Bundesrat Alain Berset tritt bekanntlich nicht mehr an. Dies beschert seiner Partei, der SP, zusätzliche Aufmerksamkeit. Und dies ausgerechnet in einem Wahljahr. Können die Sozialdemokraten die Vakanz im Bundesrat für sich nutzen?

Die Ausgangslage: SP-Bundesrat Alain Berset hat nach zwölf Jahren in der Landesregierung genug – und tritt bei den Gesamterneuerungswahlen im Dezember nicht mehr an. Dies hat der aktuelle Bundespräsident im Juni angekündigt. Der Freiburger gilt als eine der einflussreichsten Figuren im Bundesrat. Als Gesundheitsminister genoss er insbesondere während der Coronapandemie viel Rückhalt in der Bevölkerung. Jüngst machte er jedoch durch verschiedene Affären von sich reden.

Die Chance: Für eine Partei, die einen Sitz im Bundesrat neu besetzen kann, bedeutet dies immer zusätzliche Aufmerksamkeit. Denn die Medien berichten laufend über das Kandidatenkarussell. Die verschiedenen Bundesratskandidatinnen und -kandidaten kommen in Interviews zu Wort und können politische Inhalte der eigenen Partei transportieren. Im politischen Wettbewerb um die Aufmerksamkeit der Bürgerinnen und Bürger ist diese zusätzliche Medienpräsenz Gold wert.

Das Kandidatenkarussell für die Berset-Nachfolge

Das historische Beispiel: Dass ein Rücktritt eines Bundesrats in einem Wahljahr viel wert sein kann, zeigte sich 1995. Damals kündigte SP-Finanzminister Otto Stich überraschend seinen Rücktritt an. Im Oktober 1995 gewannen die Sozialdemokraten dann mehr als zwei Prozentpunkte Wähleranteil hinzu und wurden zur stärksten Partei im Nationalrat. Gemäss Politbeobachterinnen und -beobachtern half die Medienpräsenz rund um die SP-Bundesratskandidaten der Partei.

Sein Rücktritt hatte der SP einen Schub verpasst: Otto Stich.
Legende: Sein Rücktritt hatte der SP einen Schub verpasst: Bundesrat Otto Stich. SRF

Das Gegenbeispiel: Dass ein Rückzug einer eigenen Bundesrätin im Wahljahr den Wahlerfolg aber nicht garantiert, zeigte das Jahr 2011. Damals verkündete SP-Aussenministerin Micheline Calmy-Rey ihren Rücktritt einige Monate vor den nationalen Wahlen. Am Wahlsonntag verloren die Sozialdemokratinnen und -demokraten aber Wähleranteile und Nationalratssitze. Dies hing vermutlich nicht mit dem Abgang der SP-Bundesrätin zusammen – aber einen Mobilisierungsschub löste dieser gewiss auch nicht aus.

Bei ihr ging der Plan für die SP nicht auf: Micheline Calmy-Rey 2011 im Bundeshaus.
Legende: Bei ihr ging der Plan für die SP nicht auf: Micheline Calmy-Rey 2011 im Bundeshaus. REUTERS/Pascal Lauener

Der Experte: Politologe Louis Perron zweifelt daran, dass die SP in diesem Jahr stark von der Bundesratsvakanz profitieren kann. Unter dem Co-Präsidium von Mattea Meyer und Cédric Wermuth habe sich die Partei klar links positioniert. Für die Bundesratswahl müssten aber eher moderate Kandidatinnen und Kandidaten präsentiert werden, die auch für die Bürgerlichen wählbar sind. Deshalb sei kein grosser Effekt auf das Wahlresultat zu erwarten.

Mann der mit zwei Fingern nach vorne zeigt.
Legende: Alain Berset prägte die Coronapolitik der Schweiz. REUTERS/Denis Balibouse

Das Fazit: Die Vakanz im Bundesrat im Wahljahr ist für eine Partei grundsätzlich eine Chance. Es müssen aber einige Faktoren zusammenkommen, damit sich diese Situation auch in zusätzliche Stimmen von Wählerinnen und Wählern ummünzen lassen. In diesem Jahr spricht die Ausgangslage eher dagegen. Abgerechnet wird am Wahltag, also am 22. Oktober 2023.

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Echo der Zeit, 06.08.2023, 18:00 Uhr

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