In den letzten Wochen hat es die FDP geschafft, sich und ihre Kandidaten-Kür im Gespräch zu halten. In einer sogenannten Roadshow und in unzähligen Interviews konnten sich die potenziellen Kandidaten der Bevölkerung vorstellen. Heute entscheidet die FDP-Fraktion, wen sie tatsächlich ins Rennen schickt.
SRF News: Hat sich die FDP in den letzten Wochen geschickt verhalten?
Michael Hermann: Die FDP hat begriffen, dass eine Bundesratswahl in der Schweiz eine grosse Sache ist. Es ist eine Möglichkeit für eine Partei, sich zu präsentieren – nicht nur dem Parlament, sondern auch der Öffentlichkeit. Mit ihrer Roadshow hat die FDP das gemacht. Auch wenn die Bundesräte nicht von der Öffentlichkeit gewählt werden, müssen sie vor ihr bestehen. Deshalb war das durchaus ein guter Test und es war eine Möglichkeit diese Figuren in der Schweiz bekannt zu machen.
Wird die Partei auch längerfristig profitieren können?
Das darf man nicht überschätzen. Selbst die Wahl von Bundesrätin Doris Leuthard hat der Partei wenig genützt. Die CVP gehörte danach zu den Wahlverlierern. Es war auch so, dass Guy Parmelin der SVP in der Westschweiz wenig gebracht hat.
Es wurde viel diskutiert, ob es ein Zweier- oder ein Dreierticket gibt. Parteipräsidentin Petra Gössi will sich nicht festlegen und auch die Parteispitze als Ganzes gibt keine Empfehlung ab. Ist das geschickt?
Grundsätzlich muss sich die Partei alle Türen offen lassen. Es ist nicht geschickt, wenn die Parteileitung etwas sagt und die Fraktion etwas anderes macht. Dann wird sie desavouiert. Die Partei muss hinter allen Kandidaten stehen, damit diese dann auch als FDP-Kandidaten wahrgenommen werden.
Wenn die FDP zwei Männer aufstellen würden, wäre das politisch gefährlich für die Partei?
Wenn die FDP das macht, dann wäre viel von der erfolgreichen PR-Kampagne wieder dahin. Die Frauen würden das nicht einfach goutieren. Die FDP hat schon sehr lange keine Frau mehr aufgestellt. Obwohl jetzt die Sprachenfrage vielleicht noch etwas mehr im Vordergrund steht, ist es trotzdem so, dass es früher eine Mehrheit von Frauen im Bundesrat gab. Bald könnte es nur noch eine sein. Und da ist die FDP schon gefordert. Wenn sie nichts macht, wird das zu einem Imageproblem.
Sie sprechen von einer positiven PR-Kampagne der FDP. Welches Ticket würde der Partei am meisten nützen?
Ein reines Männerticket ist aus PR-Gründen wirklich sehr schlecht für die FDP. Ich fände es aber auch nicht gut, wenn sie die junge Hoffnungsfigur aus dem Kanton Genf, Pierre Maudet, desavouieren würden. Deshalb wäre ein Dreierticket das Optimale. So könnte sie der Bundesversammlung alle ihre starken Kandidatinnen und Kandidaten präsentieren.
Das Gespräch führte Marc Allemann.