Für die Bundesanwaltschaft stand viel auf dem Spiel – sie selbst hatte den Prozess gegen die beiden mutmasslichen Islamisten aus Winterthur als wichtigen Pilotfall bezeichnet. Beim Hauptangeklagten handle es sich um den «Leitwolf», um die damals wichtigste Figur des IS in der Schweiz. Fünf Jahre lang hatte sie gegen den Mann ermittelt und tausende Fotos, Videos, Mails und Chatnachrichten ausgewertet. Es wäre eine Blamage gewesen, hätte es am Ende einen Freispruch gegeben.
Härtere Strafe als gefordert
Das Bundesstrafgericht folgt der Anklage nun aber fast auf der ganzen Linie. Die Beweise lassen gemäss dem Gericht keinen Zweifel an der schweren Schuld des Angeklagten. Der heute 34-Jährige habe menschenverachtend und kaltblütig gehandelt, als er nach seiner Syrien-Reise in Winterthur andere Muslime für den Dschihad rekrutiert habe. Nicht einmal vor der Rekrutierung Minderjähriger sei er zurückgeschreckt.
Die Bundesanwaltschaft hatte für den Winterthurer eine Freiheitsstrafe von 42 Monaten beantragt. Dass das Gericht die Haftstrafe auf 50 Monaten erhöht hat, bestätigt die Einschätzung der Bundesanwaltschaft.
Stichhaltige Beweise haben gefehlt
Trotzdem ist das Urteil ein Erfolg mit Abstrichen – denn der Mitangeklagte wurde fast in allen Punkten freigesprochen. Der Bundesanwaltschaft ist es nicht gelungen, stichhaltige Beweise zu liefern für den Vorwurf, der Mann habe eine sexuelle Beziehung mit einer minderjährigen Winterthurerin angefangen, um sie für eine Dschihad-Reise zu rekrutieren. Das schmälert die heutige Erfolgsbilanz der Bundesanwaltschaft.
Sie erhält aber eine zweite Chance. Denn sämtliche Parteien überlegen sich eine Berufung – das Bundesgericht dürfte sich also noch mit dem Fall befassen.