Wer ins Flugzeug steigt, kann den damit verbundenen Klimaschaden mit einem freiwilligen Beitrag kompensieren, bei Organisationen wie der Stiftung Myclimate. Fragwürdige Projekte und Greenwashing-Vorwürfe haben dem freiwilligen Klimaschutz in vielen Ländern in letzter Zeit aber arg geschadet. Bei Myclimate sind die Einnahmen aus Kompensationen eingebrochen. Die Stiftung reagiert mit einer Reorganisation und mit Personalabbau. Co-Geschäftsführer Kari Landwehr nimmt gegenüber SRF Stellung.
SRF News: Was bedeuten diese turbulenten Zeiten für Myclimate?
Kai Landwehr: Angebote zur Bekämpfung des Klimawandels hatten in den letzten zwei Jahren tatsächlich turbulente Zeiten. Wir blicken zurück auf ein grosses und schönes Wachstum. Viel mehr Leute und viel mehr Organisationen haben sich für Angebote, um CO₂-Emissionen zu neutralisieren, interessiert. Das hat sich in den letzten zwei Jahren aufgrund von externen Gründen teilweise verändert.
Dieser Peak, den wir 2022 gesehen haben, von dem mussten wir jetzt erst mal wieder ein wenig absteigen.
Teilweise sind Angebote stark diskutiert worden und manchmal auch gar nicht zu Unrecht in die Kritik geraten. Manche Angebote, die hauptsächlich aufgrund von einer neuen Gesetzgebung erstellt wurden, sind dann plötzlich wieder durch Veränderungen in einer Gesetzgebung gebremst worden. Das macht es natürlich für eine Organisation nicht einfach, wirtschaftlich zu planen.
Ganz konkret ist ja die Zahl der verkauften Emissionsreduktionen seit dem Höhepunkt 2022 deutlich rückläufig. Von fast vier Millionen Tonnen auf gut zweieinhalb. Hat der Markt und damit auch Myclimate auf das falsche Pferd gesetzt?
Ich würde klar sagen, dass das ein Zeichen des Marktes ist. Allerdings mit der Einschränkung, dass der Markt jetzt auch in 2024 immer noch deutlich grösser ist, als er vielleicht vor fünf oder sechs Jahren war. Aber dieser Peak, den wir 2022 gesehen haben, von dem mussten wir jetzt erst mal wieder ein wenig absteigen. Damit sind wir auch nicht alleine. Es gibt viele andere gute Organisationen, die auch Klimaschutzprojekte machen. Die sehen sich derselben Situation ausgesetzt.
Viele Unternehmen hatten in letzter Zeit das Gefühl, dass sie besser nicht kommunizieren, dass sie Klimaschutz machen, weil sie dann dafür kritisiert werden, wenn irgendetwas nicht stimmt. Spüren Sie das?
Das spüren wir auf jeden Fall. Bis vor zwei oder drei Jahren war es wirklich eine «Feel Good Story», wenn Unternehmen sich im Klimaschutz über dem gesetzlich Vorgeschriebenen Klimaschutz engagieren. In den letzten zwei Jahren wurden solche Engagements kritisch hinterfragt, manchmal auch durchaus berechtigterweise. Zu so einem Zeitpunkt denken sich viele Unternehmen, dass sie das auf kleinerer Flamme halten. Wenn dazu noch eine wirtschaftliche Lage kommt, die nicht so einfach ist für viele Unternehmen, gehen solche Engagements leider auch zurück.
Jetzt reagiert Myclimate: Die Führung wird zentralisiert, die bisherigen Verantwortlichen in der Schweiz und in Deutschland müssen gehen. Wie viele Mitarbeiter müssen das Unternehmen insgesamt verlassen?
Aus wirtschaftlichen Gründen haben wir seit Beginn des Jahres teilweise durchaus sehr starke Einsparungen vor allem im Kostenbereich vornehmen müssen. Wir waren Ende letzten Jahres knapp 200 Mitarbeitende. Ende dieses Jahres werden es ungefähr zehn Prozent weniger sein. Wir haben aber weitestgehend auf Kündigungen verzichten könnten – haben zum Beispiel Abgänge nicht nachbesetzt. Manche Mitarbeitende haben Myclimate auch freiwillig verlassen.
Das Interview führte Klaus Ammann.