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Cold Case in Baselland 25 Jahre nach mutmasslichem Mord muss Beschuldigter vor Gericht

Ein 60-jähriger Mann muss sich vor dem Baselbieter Strafgericht verantworten. Er soll einen anderen Mann getötet haben. Der Fall galt lange als ungelöst.

Wer steht vor Gericht? Ein 60-jähriger Mann muss sich vor dem Baselbieter Strafgericht verantworten. Die Anklage lautet auf Mord. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, im Jahr 2000 in Münchenstein BL einen 21-jährigen Mann erschossen zu haben. Es geht um Drogenhandel: Laut Anklageschrift vereinbarte der damals 35-jährige Beschuldigte mit dem Opfer, diesem für 130'000 Franken zwei Kilogramm Kokain abzukaufen. Anstelle des Geldes, über das er ohnehin nicht verfügt habe, soll der Beschuldigte dem Opfer ein Couvert voller Papierschnipsel übergeben haben. Als das Opfer das Couvert öffnete, habe der Beschuldigte ihm aus nächster Nähe mit einer Pistole in den Kopf geschossen und sei dann mit dem Kokain geflohen.

Drohnenaufnahme der St. Jakobshalle
Legende: Auf dem Parkplatz St. Jakobshalle wurde im Jahr 2000 die Leiche eines Mannes in einem roten Smart gefunden. REUTERS / Denis Balibouse

Cold Case – wieso kommt es erst 25 Jahre später zum Prozess? Die Polizei und Staatsanwaltschaft konnten nach der Tat rasch eine Verbindung zur Drogenkriminalität feststellen. Die Fahndung nach der Tatperson verlief damals allerdings erfolglos. Während das Opfer seinen Verletzungen erlag, gelang es dem Beschuldigten, sich der Strafverfolgung zu entziehen. Der heute 60-jährige mutmassliche Täter wurde erst 2023 in Deutschland verhaftet und im Dezember desselben Jahres an die Schweiz ausgeliefert. Erst mit einer neuen Fingerabdruck-Methode konnte der Mann überführt werden. Details dazu wollen die Strafverfolgungsbehörden nicht preisgeben.

Mann füllt Reaktionsgefaesse mit Erbgutproben.
Legende: Dank neuer forensischer Möglichkeiten gelang es, den mutmasslichen Täter ausfindig zu machen. (Symbolbild) Keystone / Thomas Kienzle

Was sagt der Beschuldigte? Der Mann gibt zu, mit der tödlichen Schussabgabe in Verbindung zu stehen. Er dementiert aber, dass es ein Mord war. So sprach er einmal von einem Unfall und einmal von einem Raub. Die Qualifikation der Tat dürfte an der Hauptverhandlung eine entscheidende Rolle spielen, weil ein weniger schwerwiegendes Delikt je nach angedrohter Höchststrafe bereits verjährt sein könnte. Bis zu einem rechtskräftigen Urteil gilt die Unschuldsvermutung.

Ist auch ein Unfall möglich? Zum Prozessauftakt haben Forensiker ihre Untersuchungsergebnisse präsentiert. Sie stützen die Annahmen der Staatsanwaltschaft. Ihre Untersuchungen hätten ergeben, dass eine einhändige Schussabgabe plausibel sei. Ein versehentlicher Schuss im Zuge einer Ladebewegung sei indes «unwahrscheinlich», hiess es.

Polizisten laufen in das Strafjustizzentrum in Muttenz BL.
Legende: Das Urteil zum Tötungsdelikt aus dem Jahr 2000 wird am Freitag erwartet. Keystone / Urs Flueeler

Prozess 25 Jahre nach Tat – droht Verjährung? Ob es sich um einen Unfall handelte, wie der Beschuldigte angab, oder um einen Mord, wie die Staatsanwaltschaft anklagt, dürfte für die Verjährungsfrage entscheidend sein. Die Tat ereignete sich noch vor der Einführung der neuen Verjährungsfristen am 1. Oktober 2002. Darum gilt noch die alte Frist von 20 Jahren. Der Beschuldigte legte mehrfach Beschwerde gegen seine Untersuchungshaft ein und zog den Fall bis vor Bundesgericht – allerdings ohne Erfolg. Das Bundesgericht entschied jeweils zu Ungunsten des heute 60-Jährigen. Die Verjährungsfristen wurden während der Untersuchung unterbrochen.

Regionaljournal Basel, 21.7.2025, 6:32 Uhr ; 

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