Zum Inhalt springen

Comeback einer Grenzregion Das Elsass taucht wieder auf der politischen Landkarte auf

«Es ist nicht viel, aber immerhin besser als nichts», sagt der elsässische Schriftsteller Pierre Kretz. Zwar bleibt das Elsass weiterhin Teil der Grossregion «Grand Est». Doch neu erhält es ein wenig Eigenständigkeit zurück. Dies sei ein erster Schritt Richtung Austritt aus der unbeliebten Grossregion, sagt Kretz und spricht damit aus, was vielen Menschen im Elsass denken.

Einzigartiges Gebilde in Frankreich

Als 2016 die beiden elsässischen Departemente mit acht weiteren zur neuen Region Grand Est fusionierten, fühlten sich viele Elsässerinnen und Elsässer ihrer Identität beraubt. Denn mit der neuen Grossregion verschwand das Elsass von der politischen Karte Frankreichs.

Wir müssen auf politischer Ebene stärker auf die lokalen Gegebenheiten und Bedürfnisse eingehen.
Autor: Frédéric Bierry Präsident CeA

Nun taucht das Elsass wieder auf. Die Departemente Haut-Rhin und Bas-Rhin verschmolzen anfangs Jahr zu einer in Frankreich einzigartigen Gebietskörperschaft mit dem sperrigen Namen «Collectivité européenne d'Alsace» – kurz CeA. Ihr Logo ist die im Elsass beliebte herzförmige Bretzel. Der Name unterstreicht die Ausrichtung des Elsass: eher nach Deutschland und der Schweiz, als nach Paris, wie der Rest der Region Grand Est.

«Wir müssen auf politischer Ebene stärker auf die lokalen Gegebenheiten und Bedürfnisse eingehen, als bisher», sagt Frédéric Bierry. Der frisch gewählte Präsident der CeA hat Grosses vor. Die Oberrhein-Region soll zu einer Art Silicon Valley im Pharma-, Life Science und Gesundheitsbereich werden. Weltoffen, nachhaltig und im engen Austausch mit den Deutschen und Schweizer Nachbarn.

Enge Beziehungen nach Basel

In diesem Zusammenhang sei es entscheidend, dass die neue elsässische Gebietskörperschaft die Kompetenz erhält, den Deutsch- und Dialektunterricht gezielt in der Schule zu fördern und dafür zweisprachige Lehrpersonen anzustellen, so Bierry.

Auf Basler Seite beobachtet man die Vorgänge mit Interesse. Die Verflechtung mit dem Elsass ist gross: ob trinationaler Flughafen, Tramverbindung über die Grenze, Aufnahme von Corona-Patienten in Basler Spitälern oder die für den Basler Arbeitsmarkt wichtigen Grenzgängerinnen und Grenzgänger. Rund 10 Prozent aller Stellen in Basel-Stadt sind mit Menschen aus dem Elsass besetzt.

«Die Kontakte sind eng, man kennt sich», sagt die abtretende Basler Regierungspräsidentin Elisabeth Ackermann. Die trinationale Zusammenarbeit funktioniere grundsätzlich sehr gut, wobei auf Regierungs- und Verwaltungsebene viele Personen und Stellen eingebunden sind und die Abstimmung anspruchsvoll sei.

Hier wäre es gut, wenn insbesondere auf französischer Seite die Kommunikationswege kürzer wären, so Ackermann. «Die neue Collectivité européene d’Alsace wird zu einer Verbesserung beitragen», ist sie überzeugt.

Ich warte einfach mal ab und beobachte.
Autor: Claudine Ganter Regionalrätin Grand Est

Ob dies tatsächlich der Fall sein wird, ist allerdings fragwürdig. Denn auch wenn die CeA zusätzliche Kompetenzen bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit erhält, so blieben wichtige Dossiers wie etwa die Wirtschaft und die damit einhergehende Aussenpolitik weiterhin in der Kompetenz der Zentralregierung, sagt die Regionalrätin Claudine Ganter, die selber Elsässerin ist, jedoch auch Mitglied des Parlaments der Region Grand.

Symbolik statt Eigenständigkeit

Es sei noch zu früh, um abschätzen zu können, wie viel sich mit der neuen Gebietskörperschaft für die elsässische Bevölkerung ändern werde, so Ganter. Gelassen und abwartend fallen die Reaktionen auf Seite der Region Grand Est also aus. Kein Wunder, schliesslich ist die Collectivité européenne d'Alsace vor allem eines: ein symbolischer Akt.

Regionaljournal Basel, 08.01.2021, 17.30 Uhr

Meistgelesene Artikel