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Corona-Dauerbrenner Das Theater um die Masken

Je grösser die Lockerungen, desto grösser die Diskussion über die Maskentragpflicht. Der Bundesrat und das BAG verneinten zu Beginn der Krise den Nutzen der Masken. Nun empfehlen sie diese.

Anders als in den Nachbarländern verzichtet der Bundesrat auf eine Maskentragpflicht. Doch warum, wenn doch im Pandemieplan des Bundes steht, dass Schutzmasken das Übertragungsrisiko verringern? Hängt es damit zusammen, dass zu Beginn des Lockdowns ein Mangel an Schutzmasken herrschte?

Der grüne Nationalrat Bastien Girod kritisiert schon seit Beginn die Maskenstrategie des Bundes. Er meint: «Die Bevölkerung hätte es wahrscheinlich verstanden, wenn der Bundesrat anerkannt hätte, dass Masken ein knappes Gut seien und er nun dem Gesundheitssektor Priorität gäbe. Stattdessen wurde behauptet, sie bringen nichts. Das ist keine ehrliche Kommunikation.»

Auch CVP-Ständerätin Andrea Gmür-Schönenberger sagt, der Pandemieplan sei zu wenig umgesetzt worden. Sie meint: «Masken sind dort sinnvoll, wo die Bevölkerung nicht den gebotenen Abstand wahren kann. Ich glaube aber, dass die Akzeptanz dieser Masken grösser ist, wenn sie freiwillig bleiben.»

Keine Suche nach Schuldigen

SVP-Nationalrat Franz Grüter findet, alle seien zu wenig gut auf die Pandemie vorbereitet gewesen. «Nun gilt es nicht, Schuldige der Krise zu suchen, sondern zu analysieren, wie wir uns besser auf eine nächste Krise vorbereiten können», so Grüter.

Diese Meinung vertritt auch der ehemalige Preisüberwacher Rudolf Strahm. Der Fehler liege nicht bei einzelnen Personen, sagt Strahm. Der ehemalige SP-Nationalrat spricht von einem «System von koordinierter Verantwortungslosigkeit»: «Die ganze undurchsichtige, diffuse Zuteilung der Verantwortung ist eigentlich schuld. Jeder sagt, der andere sei verantwortlich.»

Kritikpunkt: Preis der Masken

Nächsten Montag beginnt die ausserordentliche Session in der BernExpo. Der Bundesrat wird dem National- und Ständerat einen Antrag für 2.1 Milliarden Franken für die Beschaffung von Sanitätsmaterial unterbreiten. Davon sollen 396 Millionen Franken für Hygieneschutzmasken für die Bevölkerung ausgegeben werden.

Pandemieplan

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Im Pandemieplan 2018 steht, dass Schutzmasken das Übertragungsrisiko verringern. Der Bund gibt die Empfehlung ab, dass jede Person 50 Hygienemasken als persönlichen Notvorrat besitzen sollte. Auch Spitäler, Rettungsdienste etc. sollten mit einem Mindestvorrat der Masken ausgerüstet sein. Die jeweiligen Institutionen sind selbst dafür verantwortlich, wie sie die Empfehlungen der Lagerhaltung umsetzten.

Ein neuer Kritikpunkt: der Preis der Masken. Franz Grüter will nicht, dass zu viel Geld ausgegeben wird. «Der Bundesrat setzt für die Maskenbeschaffung pro Stück 1.20 Franken ein. Ich erhalte immer wieder Angebote, die mindestens halb so teuer sind. Wir werden nächste Woche einen Kürzungsantrag stellen von 600 Millionen Franken für die genau gleiche Beschaffung.»

Jetzt wird’s teurer

Für Rudolf Strahm zeichnen sich jetzt «die Kosten des Nichtstuns» ab. Er sagt: «Anstatt Instrumente und Mittel locker zu beschaffen, hat man jahrelang vom Sparen im Gesundheitswesen gesprochen, die sogenannten Bürokratiekosten denunziert. Was wir jetzt bezahlen, sind Kosten der Unterlassung und die sind hundertmal höher.»

Wegen des Maskendebakels bringt die SVP die Forderung nach einer parlamentarischen Untersuchungskommission ins Spiel. SVP-Nationalrat Grüter würde nicht so weit gehen, aber findet eine Geschäftsprüfungskommission sei angebracht.

Auch Grünen-Nationalrat Girod findet eine PUK übertrieben, aber die Strategie des Bundesrates müsse unbedingt untersucht werden: «Es sind Fehler gemacht worden, bei denen auch die SVP schuld ist.» SVP-Politiker seien jahrelang dem Militärdepartement vorgestanden. «Und sie haben Geld für verschiedene Dinge ausgegeben, aber offensichtlich nicht fürs Schutzmaterial für die Bevölkerung. Da muss man also genau hinschauen.»

Rundschau, 29.04.20, 20:05 Uhr

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