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Corona-Indiskretionen Alain Berset beteuert, nichts von Indiskretionen gewusst zu haben

  • Der Bundesrat hat an seiner Sitzung eine Diskussion geführt zu den Berichten über Indiskretionen aus der Landesregierung während der Covid-19-Pandemie.
  • Bundespräsident Alain Berset habe keine Kenntnis von den Indiskretionen zwischen seinem ehemaligen Kommunikationschef und Medien während der Corona-Pandemie gehabt.
  • Das sagte Berset im Bundesrat, wie Bundesrats-Sprecher André Simonazzi mitteilt.

Bundespräsident Berset sei für einen Teil der Diskussion in den Ausstand getreten, sagt Simonazzi. Die Vizepräsidentin des Bundesrats, VBS-Vorsteherin Viola Amherd, habe ihn danach über den Inhalt der Diskussion informiert.

Ein Klima des Vertrauens sowohl intern wie extern ist für die Qualität der Entscheidungen des Bundesrates notwendig.
Autor: André Simonazzi Bundesratssprecher

«Der Bundesrat unterstreicht, dass ein Klima des Vertrauens sowohl intern wie extern für die Qualität seiner Entscheidungen notwendig ist. Indiskretionen schaden der Arbeit im Gremium, der Glaubwürdigkeit des Kollegiums und den Interessen des Landes», erklärt der Bundesratssprecher weiter. Der Bundesrat toleriere keine Indiskretionen, und er verurteile sie entschieden.

Gerhard Pfister (Mitte): «Die Aufregung ist gerechtfertigt»

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Mitte-Präsident Gerhard Pfister hat sich zu den Corona-Indiskretionen geäussert: «Der Vorwurf der systematischen Amtsgeheimnisverletzung ist sehr schwerwiegend», sagt er gegenüber der «Rundschau». Die politische und mediale Aufregung sei gerechtfertigt, die Vorwürfe müssten abgeklärt werden – vom Bundesrat und der Geschäftsprüfungskommission, die ihre Arbeit ja bereits aufgenommen habe.

Für Pfister ist die Kernfrage, was Alain Berset gewusst habe. Der Bundesrat hat mitgeteilt, Berset habe gegenüber dem Gremium gesagt, er habe nichts gewusst von den Indiskretionen zwischen seinem ehemaligen Kommunikationschef und dem Chef des Ringier-Konzerns.

«Indiskretionen schaden dem Klima im Bundesrat»

Pfister kritisiert, dass die Indiskretionen im Umfeld der Regierung zugenommen haben. Das habe mit den Stäben der Bundesräte zu tun: Diese versuchten, den eigenen Chef oder die eigene Chefin in einem guten Licht dastehen zu lassen – zuweilen auf Kosten anderer Bundesratsmitglieder. «Diese Indiskretionen haben dem Klima im Bundesrat geschadet. Die Regierung ist gut beraten, weitere Indiskretionen in der Vergangenheit zu untersuchen – so wie die Geschäftsprüfungskommission auch.»
(Franziska Ramser)

Der Bundesrat werde die Geschäfte auf der Grundlage des wieder hergestellten Vertrauens weiterführen. Er habe von der Ankündigung Kenntnis genommen, dass die Geschäftsprüfungskommissionen beider Räte eine Arbeitsgruppe eingesetzt habe. Die Landesregierung wünsche, dass diese im Interesse des notwendigen Vertrauens in die Institutionen rasch durchgeführt wird.

Keine weiteren Fragen beantwortet

Alain Berset wiederholte ergänzend, dass er bereit sei, vor den GPK auszusagen. Diese Untersuchung müsse im Rahmen der Institutionen durchgeführt werden, sagte er. Es solle «alles auf einmal» geklärt werden.

Weitere Fragen der Journalistinnen und Journalisten beantworteten Berset und Simonazzi nicht – weder zum Klima im Bundesrat, noch dazu, ob Berset von sich aus in den Ausstand getreten sei und auch nicht zu Bersets Kontakten zu Ringier.

Darum geht es bei den Corona-Indiskretionen

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Die Zeitung «Schweiz am Wochenende» enthüllte, der frühere Kommunikationschef von Bundesrat Alain Berset, Peter Lauener, habe dem Verlagschef von Ringier, Marc Walder, während der Corona-Pandemie vertrauliche Informationen zugespielt.

Zwischen dem damaligen Pressesprecher und dem Ringier-CEO sollen laut Medienberichten 180 Kommunikationsvorgänge dokumentiert sein. Dies würden Mails und Einvernahmeprotokolle zeigen. Der «Blick» soll damit mehrmals vorzeitig über Entscheide des Bundesrats informiert gewesen sein und diese publik gemacht haben.

Mittlerweile befassen sich bald drei Sonderermittler mit der Angelegenheit. Sonderermittler Peter Marti wurde von der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft eingesetzt, um Indiskretionen im Zusammenhang mit der Krypto-Affäre zu untersuchen. Seine Ermittlungen dehnte er in der Folge in Absprache mit der Aufsichtsbehörde auch auf mögliche Leaks während der Corona-Zeit aus.

Dadurch geriet Lauener als damaliger Kommunikationschef von Bundesrat Berset ins Visier von Sonderermittler Marti. Lauener reichte deshalb gegen diesen Strafanzeige ein. Der Vorwurf: Marti habe seine Ermittlungen unrechtmässig ausgeweitet.

Als Folge dieser Anzeige ermittelt der ausserordentliche Staatsanwalt Stephan Zimmerli gegen Peter Marti.

Schon bald könnte ein dritter Sonderermittler seine Arbeit aufnehmen. Dieser soll die jüngsten Leaks aus der Justiz an die Medien untersuchen. Auch hier gilt die Unschuldsvermutung.

Bisher hatte Berset in der Öffentlichkeit nicht gesagt, dass er von den Indiskretionen nichts gewusst habe. Dies war heute zum ersten Mal indirekt über den Bundesrats-Sprecher zu vernehmen.

Alain Berset sei zurückhaltend gewesen, obwohl er an der Medienkonferenz am Nachmittag von den anwesenden Journalisten regelrecht bombardiert worden sei, sagt SRF-Bundeshauskorrespondentin Mirjam Spreiter: «Eine etwas spezielle Situation.» Bundesrats-Sprecher André Simonazzi unterstützte Berset und wehrte diejenigen Fragen ab, die ihm zu weit gingen.

Die Diskussion im Bundesrat habe laut Berset lange gedauert, so Spreiter. «Simonazzi habe aber geäussert, dass das Vertrauen im Bundesrat wieder hergestellt sei. Das impliziert aber auch, dass das Vertrauen vorher beschädigt war.»

SRF 4 News, 25.01.23, 16:00 Uhr ; 

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