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Corona ist noch nicht vorbei Was uns im Herbst erwarten könnte

Die Zahlen sprechen Klartext: Die Corona-Pandemie ist nicht vorbei. Die Ansteckungen haben in den letzten Wochen wieder zugenommen. Das Bundesamt für Gesundheit hat heute Mittag 69'147 neue Fälle gemeldet, die in den letzten Tagen positiv auf das Coronavirus getestet wurden. Damit liegt der 7-Tage-Schnitt 28 Prozent höher als in der Vorwoche. SRF-Wissenschaftsredaktorin Katrin Zöfel ordnet die neusten Zahlen ein.

Katrin Zöfel

Wissenschaftsjournalistin

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Katrin Zöfel ist Wissenschaftsredaktorin bei SRF. Sie ist Biologin und versucht zu verstehen, wie die Wissenschaft helfen kann, Antworten auf gesellschaftlich wichtige Fragen zu finden.

Waren diese steigenden Fallzahlen also zu erwarten?

Dass die Fallzahlen noch mal deutlich anziehen, war nach den vergleichsweise grossen Öffnungsschritten zu erwarten. Eine hohe Viruszirkulation plus gelockerte Massnahmen, also mehr Kontakte zwischen Menschen als zuvor, das ergibt mehr Infektionen. Die Schweiz ist auch nicht das erste Land, in dem sich das so abspielt, Dänemark ist der Schweiz so 4-6 Wochen voraus, und hat ähnliche Entscheidungen getroffen. Dort waren die Fallzahlen über Wochen weg sehr, sehr hoch, das Land hat den Peak aber inzwischen überschritten und die Fallzahlen sinken.

Was sagen die Hospitalisierungsraten?

Die Intensivstationen sind in Dänemark vergleichsweise leer geblieben, und bei den Akutbetten gab es zwar einen deutlichen Anstieg, dort waren es aber in der Mehrheit dann tatsächlich Patienten, die nicht wegen, sondern mit Corona eingeliefert wurden. – Was hier wichtig ist: Diese doch ziemlich niedrige Hospitalisierungsrate bei sehr hohen Infektionszahlen, das ist sehr wahrscheinlich nicht in erster Linie der Variante zuzuschreiben. Es ist ein Effekt der hohen Immunität in der Bevölkerung. Das sieht man sehr gut, wenn man zum Beispiel nach Hongkong schaut, dort liegt die Sterblichkeit im Moment bei über 5 %, und es ist auch dort eine Omikronwelle, aber eben: nur zwei Drittel der über 80-Jährigen ist geimpft, ein Drittel der Hochbetagten hat keinen Schutz.

Die niedrige Hospitalisierungsrate bei sehr hohen Infektionszahlen, das sehr wahrscheinlich ein Effekt der hohen Immunität in der Bevölkerung

Ist es zielführend, anfangs April alles Massnahmen aufzuheben?

Es werden sich dann mehrere Effekte überlagern: noch mehr Kontakte und eine hohe Virkus-Zirkulation auf der einen Seite, und der saisonale Effekt auf der anderen, plus irgendwann soviel frische Immunität, dass die Fallzahlen allein schon deswegen heruntergehen. Für die Spitäler bedeutet das aller Wahrscheinlichkeit nach auch in der Hochphase nicht, dass sie überlaufen werden. Aber für einzelne, die durch eine Infektion stark gefährdet wären, Tumorpatienten zum Beispiel, die auch mit Impfung keinen guten Schutz haben, kann es sehr schwierig werden sich zu schützen. Gleichzeitig warten die Ärzte immer noch darauf, dass das Medikament Paxlovid in der Schweiz verfügbar wird, das würde in der Akutbehandlung grade diesen Patienten schon sehr helfen. Aber der Bedarf ist so hoch, und das Angebot so knapp, dass die Schweiz hier bisher noch nicht zum Zug kam.

Was bedeutet diese Ausgangslage für den Herbst?

Es gibt zwei offene Fragen: Wie gut hält die Immunität, bzw. wie sehr schwächt sie sich mit der Zeit ab. Und: Welche neuen Varianten tauchen noch auf. Die Wahrscheinlichkeit ist recht hoch, dass man dann nochmal übers Impfen reden muss: Risikogruppen zum Eigenschutz und die allgemeine Bevölkerung, um den Infektionsschutz für eine Zeit wieder hochzusetzen.

Echo der Zeit, 14.03.2022: 18 Uhr ; 

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