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Corona-Knigge Darf ich von ungeimpften Gästen verlangen, eine Maske zu tragen?

Die Corona-Pandemie hat unser soziales Verhalten verändert. Obwohl gewisse Massnahmen mittlerweile gelockert wurden, sorgen Interaktionen nach wie vor vielerorts für Irritationen und Unsicherheit. Etablieren sich Begrüssungsformen wie der «Fist Bump»? Und darf ich meine Gäste nach ihrem Impfstatus fragen? Knigge-Kenner Christoph Stokar ordnet ein.

Christoph Stokar

Autor und Benimm-Experte

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Christoph Stokar kennt sich aus mit Benimmregeln. Der Autor von «Der Schweizer Knigge» und «Der Schweizer Business-Knigge» findet, dass ein guter Umgang miteinander für mehr Lebensqualität sorgt. In den Büchern geht es um das gute Benehmen in der heutigen Zeit und der Schweiz – da hierzulande besonders viel Wert auf Individualismus gelegt wird. Er ist freier Texter und Konzepter und lebt in Zürich.

SRF News: Ich plane ein grosses Geburtstagsfest. Darf ich meine Gäste nach ihrem Impfstatus fragen?

Christoph Stokar: Das finde ich heikel, weil es zu Diskussionen führt. Wahrscheinlich kennen Sie von den meisten Personen im Freundeskreis die Haltung zum Thema Impfen bereits. Menschen, die Sie nicht so gut kennen, können Sie nach ihrem Impfstatus fragen. Am besten schreiben Sie dies direkt in die Einladung. Oder Sie machen das Fest draussen, das geht gut ohne Covid-Zertifikat.

Kann ich für mein Fest von allen ein Covid-Zertifikat verlangen?

Das kann man machen. Fairerweise kündigen Sie im Voraus an, dass von allen Gästen ein Zertifikat erwartet wird. Der Aufwand ist aber enorm – sie brauchen jemanden, der alle Zertifikate kontrolliert. Und ich weiss von ungeimpften Leuten, die bei solchen Themen ungemütlich werden. Eine Zertifikatspflicht bei Privatanlässen finde ich heikel, weil Ungeimpfte genug mit gegenteiligen Meinungen konfrontiert wurden und umso mehr an ihrem Status festhalten. Es ist kein gutes Diskussionsthema für ein Fest.

Wieso eignet sich Corona nicht als Smalltalk-Thema?

Wir diskutieren gerne über Themen, die uns beschäftigen. Das ist bei dieser Pandemie so: Sie hat stark in unser Leben eingegriffen und vieles verändert. Bei kaum einem Anlass kommt man darum herum, über Corona zu sprechen. Problematisch ist das, weil die Meinungen bei vielen Aspekten gemacht sind und Covid-19 polarisiert. Der Ton ist stark verschärft. Das kann zu Konflikten führen. Es ist daher legitim, guten Freunden gegenüber zu sagen: Da möchte ich heute nicht drüber reden.

Der Ton ist bei Corona stark verschärft. Das kann zu Konflikten führen.

Darf ich von ungeimpften Gästen verlangen, eine Maske zu tragen?

Das würde ich nicht empfehlen. Sie können aber verlangen, dass die Gäste negativ getestet sind. Wenn Sie das Fest an einem Wochenende durchführen, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass Ihre Gäste sowieso einen Test gemacht haben, damit sie an andere Anlässe gehen können.

Darf ich als Gastgeberin von allen verlangen, die Maske abzulegen?

Statt das zu verlangen, könnten Sie sagen: «Wir sind hier alles Leute, die geimpft oder negativ getestet sind. Darum schlage ich vor, dass wir alle die Maske ablegen.» Es kommt auf die Art und Weise an, wie man etwas kommuniziert.

Mit der Maske ist das so eine Sache. Wohin damit während dem Essen?

Legen Sie die Maske einfach weg – egal ob in die Tasche oder in die Jacke. Unter keinen Umständen sollten Sie die Maske auf den Tisch legen. Da gehört sie aus hygienischen und ästhetischen Gründen nicht hin.

Ich bin an eine Taufe eingeladen, aber nicht geimpft. Der Aufwand, mich testen zu lassen, ist mir zu gross. Wie sage ich höflich ab?

Das bedingt, dass Sie wirklich nicht hingehen wollen. Eine Absage kann auch negativ aufgefasst werden. Bei einem wichtigen Termin können Sie sich gut vorher testen lassen. Wer nicht geimpft ist und sich nicht testen lassen will, findet sich bewusst damit ab, dass er gewisse Menschen nicht mehr sehen kann.

Ein Handschlag stellt Nähe und eine gewisse Verbundenheit her, die das soziale Wesen Mensch braucht.

Durch Corona haben sich Begrüssungs-Alternativen entwickelt, etwa Ellbogen-Berühren, «Fist bump» oder Grüssen mit den Füssen. Wird sich das etablieren?

Sich mit Ellenbogen und Füssen zu begrüssen, sieht immer etwas läppisch aus. Ich denke nicht, dass sich solche Alternativen halten werden. Genauso wenig glaube ich, dass die drei Küsschen flächendeckend zurückkehren werden. Ich plädiere dafür, dass wir uns irgendwann wieder die Hand geben. Das stellt Nähe her, die das soziale Wesen Mensch braucht. Es gibt aber kein Richtig oder Falsch. Am besten spricht man sich ab, wie man sich begrüsst und verabschiedet.

Das Gespräch führte Laura Sibold.

Tagesschau, 20.10.2021, 19:30 Uhr ; 

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