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Corona-Krise trifft die Medien Den Zeitungen brechen die Werbeeinnahmen weg

Die Wirtschaft ist tief verunsichert – das spüren auch die Medienhäuser: Kaum jemand wagt es noch, Werbung zu schalten.

Wer heute «20 Minuten» in der Hand hält, sieht es: Die Zeitung hat in etwa halb so viele Seiten wie noch vor einem Monat. Der Regionalteil ist seit heute gestrichen, die Auflage um ein Drittel gekürzt. Wenn weniger Leute unterwegs sind, braucht es auch weniger Zeitungen. Das ist die eine Seite, das andere sind die Inserate.

Die Werbebranche ist massiv verunsichert. Autos, Reisen, Gastro: Grosse Werbekampagnen werden verschoben oder gleich ganz gestrichen, sagt Andreas Häuptli, Geschäftsführer des Verlegerverbandes VSM. «Wir gehen davon aus, dass es in diesem Jahr einen Werberückgang von über 50 Prozent geben wird. Das könnte um die 400 Millionen Franken weniger Einnahmen für die Zeitungen und Zeitschriften sein.»

Die Krux mit den Klicks

Der Einbruch der Werbung seit Beginn der Krise ist massiv. Schweizweit seien es bis zu 80 Prozent, sagt Häuptli. Auch wenn die Zugriffszahlen der Newsseiten im Netz schon seit Wochen vielerorts doppelt so hoch sind wie sonst: Neue Einnahmen bringt das kaum. Im Gegenteil, die IT-Infrastruktur muss verstärkt werden und auch das kostet.

Die Situation stellt die meisten Verlage vor grosse Herausforderungen. Die Tamedia, zu der Titel wie «Bund» oder «Tages-Anzeiger» gehören, hat bereits letzte Woche Kurzarbeit eingeführt. Die NZZ-Mediengruppe hat das «NZZ Folio» bis im Herbst eingestellt. Weitere Massnahmen werden geprüft, darunter auch Kurzarbeit. Ähnliches ist von Ringier und CH Media zu hören.

Wir erhoffen uns, dass man uns über die bestehende Presseförderung Hilfe zukommen lässt.
Autor: Andreas Häuptli Geschäftsführer Verlegerverband VSM

Das sind die grossen Verlage, diejenigen, die Reserven und verschiedene Standbeine haben. So betreibt Tamedia etwa den Marktplatz Ricardo.ch, der von der aktuellen Situation eher profitieren dürfte. Noch härter trifft es darum derzeit die kleineren Verlage. Diejenigen, die sehr stark von Werbung abhängig sind, etwa das «Bieler Tagblatt».

«Bei den Werbeeinnahmen der Bieler Tageszeitungen gibt es eine Vollbremsung – ein Totalcrash», sagt Chefredaktor Bernhard Rentsch. Ein Totalcrash vor allem, weil das «Bieler Tagblatt» auch von der Uhrenindustrie in und um Biel abhängig ist. Ab Mitte der Woche gilt beim «Bieler Tagblatt» Kurzarbeit. Ähnlich klingt es bei den «Freiburger Nachrichten», dem «Nouvelliste» oder dem «Walliser Boten». Sie alle haben bereits oder führen demnächst Kurzarbeit für verschiedene Unternehmensteile ein.

Der Bund soll einspringen

Angesichts der Situation müsse der Bund nun handeln, fordern die Verleger. Der Verband Schweizer Medien hat darum beim Bundesamt für Kommunikation (Bakom) um Unterstützung angefragt. «Wir sind beim Bakom vorstellig geworden und sind im Austausch. Wir erhoffen uns, dass man uns über die bestehende Presseförderung, die es bereits gibt und die gut etabliert ist, Hilfe zukommen lässt», sagt Häuptli.

Die bestehende Förderung – das betrifft die Zustellung der gedruckten Zeitungen per Post – ist derzeit bereits verbilligt. Diese Massnahme könnte darum relativ einfach erhöht werden. Auf Anfrage teilt das Bakom mit, man prüfe derzeit verschiedene Optionen. Beschliessen müsste die Massnahmen dann der Bundesrat – und das wohl schnell. Eine Beratung soll bereits in der ersten April-Hälfte stattfinden.

Rendez-vous vom 30.03.2020, 12:30 Uhr

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