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Corona-Langzeitfolgen Long Covid ist kein Hirngespinst

Ein beträchtlicher Anteil aller Corona-Infizierten berichtet noch Monate nach der Infektion von mehr oder minder schweren Langzeitfolgen. Das belegen inzwischen recht solide Studien aus dem In- und Ausland. Den aktuellen Stand der medizinischen Kenntnisse umreisst Wissenschaftsredaktorin Katrin Zöfel.

Katrin Zöfel

Wissenschaftsjournalistin

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Katrin Zöfel ist Wissenschaftsredaktorin bei SRF. Sie ist Biologin und versucht zu verstehen, wie die Wissenschaft helfen kann, Antworten auf gesellschaftlich wichtige Fragen zu finden.

SRF News: Wo steht die Forschung bei der Behandlung von Long Covid und ist die Hoffnung auf eine baldige Therapie berechtigt?

Katrin Zöfel: Dafür ist es noch ein bisschen früh. Die akute Erkrankung wird zwar immer besser behandelbar. Aber wie man damit umgehen soll, was nach der Akutinfektion kommt, lernt die Medizin gerade erst. Umgekehrt ist aber auch noch offen, wie viele Menschen sich von Long Covid dann doch einfach von sich aus wieder erholen.

Long Covid wird nach wie vor auch belächelt. Betroffene werden mit ihren Symptomen oft nicht ernst genommen. Wo steht die Forschung?

Long Covid ist jetzt in aller Munde, möglicherweise auch zu sehr. Aber die Forschungsdaten sind inzwischen ziemlich solide und zeigen: Das ist kein Hirngespinst. Eine Studie der Universität Zürich kommt zum Ergebnis, dass etwa ein Viertel von denen, die positiv auf das Coronavirus getestet wurden, noch sechs Monate später Symptome von Long Covid hatten. Das passt recht gut zu internationalen Studien, deren Quintessenz ist: Ein beträchtlicher Teil der Corona-Infizierten kommt für längere Zeit nicht wieder auf ihr normales Niveau zurück.

Die Forschungsdaten sind inzwischen ziemlich solide. Sie zeigen: Long Covid ist kein Hirngespinst.
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Bei welchen Symptomen spricht man von Long Covid?

Noch gibt es keine ganz klare medizinische Definition für Long Covid. Aber das Bild, dass die Studien zeichnen, wird inzwischen ziemlich klar. Es sind drei Cluster von Symptomen: Die Lunge mit Kurzatmigkeit und Husten. Dann das Gehirn mit Gedächtnisstörungen, kürzerer Aufmerksamkeitsspanne sowie Symptomen einer Depression. Schliesslich eine bestimmte Form von Müdigkeit, eine Art Fatigue, ähnlich der, die Krebspatienten nach starken Krebstherapien erleben sowie Schmerzen in Muskeln und Gelenken, die Betroffene vorher so nicht kannten.

Welche Menschen sind vorwiegend betroffen?

Long Covid ist bei Erwachsenen deutlich häufiger als bei Kindern und Jugendlichen. Aber es hängt gemäss den Studien erstaunlich wenig vom Verlauf der akuten Corona-Infektion ab: Menschen mit mildem oder sogar asymptomatischem Verlauf können fast ähnlich häufig Long Covid bekommen wie Menschen mit heftigerem Verlauf. Noch zur Klärung: Wirklich schwere Fälle, die auf der Intensivstation waren, brauchen oft eine längere Zeit, bis sie sich erholt haben. Diese Rekonvaleszenz ist aber etwas anderes als Long Covid.

Menschen mit mildem oder sogar asymptomatischem Verlauf können fast ähnlich häufig Long Covid bekommen wie jene mit heftigerem Verlauf.

Es trifft also nicht alle Long-Covid-Fälle gleich hart?

Die Spanne ist gross: Long Covid kann Einzelnen die Leistungsfähigkeit komplett rauben bis hin zur Arbeitsunfähigkeit und dem Angewiesensein auf eine Unterstützung durch die IV. Aber es gibt auch diejenigen, die eher leicht eingeschränkt sind mit diffusen Symptomen, welche die Leistungsfähigkeit wie runter dimmen.

Das Gespräch führte Roger Brändlin.

Echo der Zeit, 19.07.2021, 18:00 Uhr ; 

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