Der Bundesverwaltung fehlte es teilweise an vorausschauendem Krisenmanagement in der zweiten Phase der Covid-19-Pandemie.
Zu diesem Schluss kommt eine veröffentlichte Auswertung der Bundeskanzlei im Auftrag des Bundesrates.
Im Bericht werden 13 Empfehlungen aufgelistet, die der Bundesrat zur Kenntnis genommen hat.
Die Schwächen hätten sich vor allem im Herbst 2020 gezeigt, als die Bundesverwaltung und die Kantone ungenügend auf das Ausmass der zweiten Infektionswelle vorbereitet gewesen seien, teilte die Bundeskanzlei mit.
Auf strategischer Stufe sei das Vorausahnen möglicher Krisen und Lageentwicklungen verbesserungswürdig, hiess es weiter. Dieses Thema ziehe sich wie ein roter Faden durch die Ergebnisse der Auswertung.
Die Auswertung zeigt weiter, dass der dringlichste Handlungsbedarf bei der Organisation des Krisenmanagements der Bundesverwaltung, bei der Koordination und Konsultation im föderalen System und beim Einbezug der Wissenschaft ins Krisenmanagement der Bundesverwaltung liege.
Der Bundesrat hat den Bericht zur Kenntnis genommen. Untersucht wurde darin, ob im Krisenmanagement der Bundesverwaltung zwischen August 2020 und Oktober 2021 die Strategien und Massnahmen zur Pandemiebewältigung rechtzeitig vorlagen und ob die Bundesverwaltung diese zielführend umgesetzt hat.
«Der Bericht kommt zum Schluss, dass das Krisenmanagement insgesamt gut funktioniert», betonte Bundeskanzler Walter Thurnherr am Nachmittag an einer Medienkonferenz. Er sieht aber vor allem drei Bereiche, die verbessert werden sollen: Handlungsbedarf ortet Thurnherr bei der Organisation des Krisenmanagements der Bundesverwaltung, bei der Koordination und Konsultation mit den Kantonen und beim Einbezug der Wissenschaft.
Auf die Frage eines Journalisten, was ihn am Bericht am meisten überrascht habe, meint er: «Der Brocken, der mich am meisten überrascht hat, ist die mangelnde Zusammenarbeit, das Missverstehen zwischen der Politik und der Wissenschaft.» Hier müsse der Dialog verstärkt werden. Das Know-how der Wissenschaft müsse besser angezapft werden.
13 Empfehlungen umzusetzen
Weiter hat der Bundesrat die Umsetzung der im Bericht enthaltenen 13 Empfehlungen angeordnet. So sollen dem Bundesrat etwa Varianten zur Organisation des Krisenmanagements auf strategischer und operativer Ebene vorgelegt werden, um die Antizipation und Koordination innerhalb der Bundesverwaltung zu stärken. Verschiedene Möglichkeiten sollen auch für die künftige Ausgestaltung der wissenschaftlichen Politikberatung vorgelegt werden.
Diese 13 Empfehlungen will der Bund angehen
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Die
Bundeskanzlei
soll mit den sieben Departementen Varianten für die
Organisation des Krisenmanagements
der Bundesverwaltung auf strategischer und operativer Ebene erarbeiten und dem Bundesrat bis Ende März 2023 ein entsprechendes
Aussprachepapier
vorlegen.
Der
Bundesrat
soll den
Kantonen
bis Ende September 2022 das erkannte Verbesserungspotenzial in der Zusammenarbeit im föderalen System aus dem vorliegenden Bericht erläutern und
das weitere Vorgehen
vorschlagen, damit die
Zusammenarbeit
in einer Krise verbessert werden kann.
Die
Bundeskanzlei
soll mit den sieben Departementen bis
Ende 2022
ein
Aussprachepapier
an den Bundesrat mit verschiedenen Varianten für die Organisation der
wissenschaftlichen Politikberatung
erarbeiten.
Die
Bundeskanzlei
soll bis Ende 2022 die Ergebnisse des Berichts den Präsidien
der eidgenössischen Räte
vorstellen und weitere Schritte diskutieren, um die
Zusammenarbeit von Bundesverwaltung und Parlament
in einer Krise zu verbessern.
Die Departemente
sollen darlegen, welche
Mechanismen, Netzwerke und Plattformen der EU
für ein effektives Krisenmanagement der Bundesverwaltung notwendig sind. Sie erstatten dem Bundesrat darüber bis Mitte 2023 Bericht.
Die Departemente und die Bundeskanzlei
sollen die Erkenntnisse des Berichts in ihren
laufenden Revisionsprojekten
berücksichtigen.
Das Innendepartement
soll sicherstellen, dass
elektronische Vernehmlassungen auch für dringliche Konsultationen
eingesetzt werden können. Es soll dem Bundesrat bis Ende 2023 gegebenenfalls Massnahmen vorschlagen, welche die Umsetzung des Projekts erleichtern und beschleunigen.
Die Bundeskanzlei und das Verteidigungsdepartement
sollen bei der Umsetzung der Gesamtplanungen grosser Übungen die
Überprüfung bereits gewonnener Erkenntnisse aus Krisensituationen
und Übungen sowie
internationale Aspekte
vorsehen.
Die Bundeskanzlei soll mit den sieben Departementen
bis Ende 2022
Krisenmanagementkompetenzen
definieren. Zudem soll bis Mitte 2023 ein Prozess festlegt werden, um bei Bedarf innerhalb der Bundesverwaltung rasch
Personalressourcen
in anderen Verwaltungseinheiten einsetzen zu können.
Die zuständigen
Departemente
sollen klären, wie und durch wen der
Gesundheitsschutz des Bundespersonals im Ausland
künftig gewährleistet wird. Es informiert den Bundesrat bis Mitte 2023 über die Resultate der Abklärungen.
Das Innendepartement
soll im Rahmen der
Revision des Epidemiengesetzes
die rechtlichen Grundlagen schaffen, damit die Verwendung
einheitlicher, international anerkannter Standards für den digitalen Informationsaustausch
zu übertragbaren Krankheiten verpflichtend wird und die technischen Voraussetzungen hierfür festgelegt werden.
Die Bundeskanzlei soll zusammen mit den Departementen
Möglichkeiten erarbeiten, um in Krisen mit der Kommunikation des Bundesrats und den Informationskampagnen
breitere Bevölkerungsschichten über mehr Kanäle und in mehr Sprachen
unter Berücksichtigung sozialer und kultureller Unterschiede zu erreichen. Sie soll den Bundesrat bis Ende 2023 über entsprechende Massnahmen informieren.
Das Innendepartement soll die Impfkampagne
des Bundes hinsichtlich der
Impfpromotion und der Erhöhung der Impfbereitschaft
evaluieren und den Bundesrat bis Ende 2023 über die entsprechenden Erkenntnisse und Empfehlungen für künftige Gesundheitskrisen informieren.
Die Koordination und Konsultation zwischen Bund und Kantonen soll verbessert werden, indem künftig digitale Instrumente für die Vernehmlassung auch für dringliche Konsultationen geeignet sein sollen. Zudem soll die Verwendung einheitlicher, internationaler Standards für den digitalen Informationsaustausch zu übertragbaren Krankheiten verpflichtend werden. Das soll in der Revision des Epidemiengesetzes ausgearbeitet werden.
155 Personen befragt
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Basis für den Bericht waren laut Bundeskanzlei neben einer Selbstevaluation auch Interviews mit 155 Personen von Kantonen und beteiligten Dritten. Um eine unabhängige Auswertung zu gewährleisten, habe man mit einem externen Partner zusammengearbeitet.
Für die erste Phase in der Covid-19-Pandemie von Ende Februar bis Mitte August gab sich der Bund gute Noten. Das Krisenmanagement habe grundsätzlich gut funktioniert und die vielen Vorarbeiten und das Kommunikationskonzept hätten sich bewährt. Der Bundesrat nahm den entsprechenden Bericht vergangenen Dezember zur Kenntnis.
Generell sollen die Erfahrungen der Bundesverwaltung sowie die Lehren aus Übungen und echten Krisen stärker in politische Projekte einfliessen. Schliesslich soll die Bundesverwaltung künftig über weitere Kanäle und in zusätzlichen Sprachen kommunizieren, um breitere Bevölkerungsschichten zu erreichen. Diesbezüglich soll auch die Impfkampagne des Bundes evaluiert werden.
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