Laut den neusten, noch provisorischen Zahlen des Bundesamts für Gesundheit (BAG) wurden dieses Jahr bisher 234 HIV-Ansteckungen registriert. Das ist gut ein Drittel weniger als vor einem Jahr.
Nathan Schocher, HIV-Experte bei der Aids-Hilfe Schweiz, macht gegenüber SRF mehrere Gründe für diese Entwicklung aus: «Entweder haben sich die Leute weniger auf HIV testen lassen, oder sie haben weniger Risikokontakte gehabt, also weniger ungeschützte Sexualkontakte.»
Fast so viele Tests wie vor der Pandemie
Vieles spräche für Letzteres. Nach dem Shutdown im Frühjahr werde inzwischen nämlich wieder fast so oft auf HIV getestet wie vor der Pandemie.
Für den Experten ist deswegen klar, dass Corona das Sexualverhalten verändert hat – wenn auch teilweise unfreiwillig: «Viele Begegnungsorte fallen weg, Clubs und Bars sind geschlossen, es gibt Sperrstunden. Das beeinflusst das Sexualverhalten der Menschen.»
Beim BAG dagegen bleibt man vorsichtig. Auf Anfrage von SRF räumt das Gesundheitsamt lediglich ein, es sei «plausibel», dass die tieferen Zahlen mit der Corona-Pandemie zusammenhängen würden.
«Es ist nicht auszuschliessen, dass die Bevölkerung wegen Corona weniger Risiken eingegangen ist, das heisst, dass die Leute weniger exponiert waren. Es liegen zurzeit keine aktuellen Daten über das Sexualverhalten der Bevölkerung vor. Also kann nur spekuliert werden», schreibt das BAG weiter.
Experte rechnet mit Rückgang der Infektionen
Obwohl das Gesundheitsamt festhält, dass die HIV-Ansteckungszahlen nach dem Shutdown teilweise wieder gestiegen seien, bleibt Schocher zuversichtlich, dass die positive Entwicklung anhält: «Bei HIV ist man in den ersten Wochen direkt nach der Infektion besonders ansteckend. Dann spielt es natürlich schon eine Rolle, wie viele weitere Kontakte eine frisch infizierte Person gehabt hat.»
Da in den letzten Monaten die sexuellen Kontakte coronabedingt zurückgegangen seien, rechnet der Fachmann mit einem nachhaltigen Rückgang der HIV-Infektionen.