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Coronavirus bei Häftlingen Pläne für zentrale Pflegestation werden geprüft

Die Kantone diskutieren darüber, wie sie mit Häftlingen umgehen sollen, die mit dem Coronavirus infiziert sind.

Das Coronavirus macht auch vor den sichersten Mauern nicht halt. In Gefängnissen im Kanton Bern und in Genf gibt es die ersten erkrankten Insassinnen und Insassen. Doch wie sollen die Gefängnisse damit umgehen?

Dafür suchen die Kantone derzeit Lösungen. «Zum einen geht es darum, Leute verlegen zu können, wenn ein Gefängnis voll ist», erklärt Baschi Dürr, Polizeidirektor von Basel-Stadt und Vize-Direktor der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren. «Es wird aber auch diskutiert, ob man beispielsweise erkrankte Gefangene zusammenzieht, um sie besser betreuen zu können.»

Gefängnis Horgen vor der Reaktivierung?

Zusammenziehen in einer zentralen Pflegestation – dafür gibt es konkrete Pläne, wie Recherchen von Radio SRF zeigen. Im Kanton Zürich wurde im Dezember das Gefängnis Horgen geschlossen. Nun prüft der Kanton die Wiederinbetriebnahme. «Wir tun das jetzt mal für uns im Kanton Zürich in einem ersten Schritt», bestätigt die Zürcher Justizdirektorin Jacqueline Fehr auf Anfrage. «Aber selbstverständlich sind wir auch im Dialog mit anderen Kantonen. Wenn es zu einer solchen Pflegestation käme, dann würde sie auch anderen Kantonen zur Verfügung stehen.»

Noch gibt es nur vereinzelt Fälle und noch wird das erst überprüft. Aber wenn die Coronakrise andauern sollte, dann könnte das Gefängnis Horgen reaktiviert werden. Zunächst versuchen die Kantone aber, das Coronavirus von den Gefängnissen fernzuhalten – mit drastischen Massnahmen. Viele Kantone erliessen ein Besuchsverbot.

Kantone lockern Regeln

Das kann sich als gefährlich erweisen. In Italien kam es deswegen zu Meutereien. Für einen Gefängnisinsassen sei ein Besuchsverbot schlimm, sagt Jonas Weber, Strafrechtsprofessor der Universität Bern: «Kontakte zur Aussenwelt, die häufig in Form von Besuchen stattfinden, sind sehr wichtig für die Gefangenen.»

Einige Kantone lockern deshalb andere Regeln, erlauben mehr Briefe, verteilen Telefonkarten. Genf versucht als erster Kanton, seine überfüllten Gefängnisse nicht weiter zu belasten. Die Genfer Polizei konzentriert sich deshalb vor allem auf die Verfolgung von Schwerkriminellen. Der Kanton steht mit so einer Weisung aber bislang allein da in der Schweiz.

Es sei ein Balanceakt zwischen der Lage in den Gefängnissen und dem Rechtsstaat betont der Basel-städtische Polizeidirektor Baschi Dürr. Das Coronavirus ist auch eine Belastungsprobe für die Schweizer Gefängnisse.

Heute Morgen, 24.03.2020, 06.00 Uhr

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