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Delegiertenversammlung SVP-Chef Chiesa: «Lassen uns nicht gegeneinander aufhetzen»

  • SVP-Präsident Marco Chiesa hat dem Bundesrat Wortbruch vorgeworfen. Die «willkürlichen und weltfremden Massnahmen aus den Büros von Bundesbern» hätten längst aufgehoben werden müssen, sagte er an der Delegiertenversammlung seiner Partei im Waadtland.
  • Scharfe Kritik übte Chiesa auch an der Energiestrategie 2050 des Bundesrates.
  • Im Mittelpunkt der SVP-Delegiertenversammlung steht neben der Parolenfassung zur Pflege- und zur Justiz-Initiative die Kampagne zum Stadt-Land-Graben.

Chiesa begrüsste die Delegierten in Montricher VD zu einer «besonderen» Delegiertenversammlung in einem offenen Zelt – ohne Zertifikatspflicht. Alle seien willkommen: «Geimpfte, Getestete, Genesene... und Gesunde! 4G statt 3G!» Die SVP sei absolut nicht gegen das Impfen, sie lasse sich aber nicht spalten, sagte Chiesa. «Wir Geimpften und Ungeimpften lassen uns nicht gegeneinander aufhetzen», sagte er weiter.

Zertifikatspflicht eine «unnötige Bevormundung»

Statt wie versprochen die starken Massnahmen aufzuheben, habe der Bundesrat mit der Ausweitung der Zertifikatspflicht das Gegenteil getan und die Massnahmen sogar verschärft. Damit habe die Landesregierung Wort gebrochen. Diese müsse nun endlich eine verbindliche Ausstiegsstrategie vorlegen, um wieder zur demokratischen Normalität zurückzukehren.

Die Zertifikatspflicht sei eine unnötige Bevormundung der Bevölkerung. Die Mehrheit der Landesregierung habe daraus ein «Diskriminierungs-Zertifikat» gemacht, obwohl es gut funktionierende Schutzkonzepte gebe. Die Zertifikatspflicht hingegen sei eine unnötige Bevormundung der Bevölkerung.

Energiestrategie «ökologischer Blindflug»

Scharfe Kritik übte Chiesa auch an der Energiestrategie 2050 des Bundesrates. Diese sei im Grunde keine Strategie, sondern ein «ökologischer Blindflug», der den Wohlstand und die Versorgungssicherheit gefährde. Chiesa forderte Energieministerin Simonetta Sommaruga auf, ihre «rosarot-grüne Brille» abzulegen. Die SVP warne schon lange davor, dass die Schweiz in absehbarer Zeit ein Stromversorgungsproblem bekomme. Jetzt brauche es mehr Ehrlichkeit in der Energie-Debatte.

Laut Chiesa ist es offensichtlich, dass der Bedarf an Strom ständig wächst. Allein mit erneuerbaren Energien könne das Stromversorgungsproblem niemals abgedeckt werden. Auch ein Stromabkommen mit der EU sei keine Lösung. Die Schweiz müsse selber mehr Strom produzieren, um nicht in eine gefährliche Abhängigkeit zu geraten.

Parolenfassung und Resolution gegen «Schmarotzer-Politik»

Im Mittelpunkt der Versammlung steht ausserdem neben der Parolenfassung zur Pflege- und zur Justiz-Initiative die Kampagne zum Stadt-Land-Graben. Die SVP-Delegierten haben mit 160 Ja- gegen 17 Nein-Stimmen eine Resolution hierzu verabschiedet. Darin fordert die Partei, den Privilegien und der Umverteilungs-Ideologie der links-grünen Städte ein Ende zu bereiten. Die SVP greift in der Resolution die «schädliche Schmarotzer-Politik der links-grünen Städte» an. Diese Kernstädte seien die Heimat der «Luxus-Sozis», die verächtlich auf die Land- und Agglomerations-Bevölkerung herabschauten und ihnen vorschreiben wollten, wie sie zu leben und zu reden hätten.

Wirtschaftsentwicklung: Parmelin ist vorsichtig optimistisch

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In einer «Art Rede zur Lage der Nation» gab Bundespräsident Guy Parmelin vor den Delegierten der SVP einen Überblick zur wirtschaftlichen Lage. Nach Einschätzung des Wirtschaftsministers hat sich die Schweiz in der Krise als widerstandsfähiger erwiesen, als Prognostiker anfänglich erwartet hätten.
«Die Schweiz hat den Schaden klar begrenzt, gerade wenn wir auf unsere Nachbarn blicken» , sagte Parmelin. Der Hauptgrund dafür sei, dass die gesundheitlichen Einschränkungen in der Schweiz wesentlich geringer ausgefallen seien als in anderen Ländern.

Der Volkswirtschaftsminister warnte jedoch vor gewissen unvorhersehbaren Entwicklungen . So seien die bestehenden Kapazitäts- und Lieferprobleme tückisch und die Entwicklung der Zinssätze unvorhersehbar. Diese Faktoren könnten, wenn sie sich in die falsche Richtung entwickelten, den Aufschwung ernsthaft gefährden.

Herausforderungen für die Schweiz sind laut Parmelin die Energieversorgung, die internationale Zusammenarbeit in der Forschung und die Zukunft der Sozialversicherung . Im Energiebereich müsse die Schweiz den Übergang zu mehr Unabhängigkeit schaffen. Dies sei umso notwendiger, als der Bedarf an Strom in Zukunft nicht abnehmen werde. Die Situation könnte in einigen Jahren kritisch werden. Deshalb müsse jetzt die Versorgungssicherheit von morgen geplant werden.

Die links-grün regierten urbanen Zentren profitieren nach Einschätzung der SVP massiv von verschiedenen Transferzahlungen der Land- und Agglomerationsbevölkerung sowie der Unternehmen. Dies untergrabe die bürgerlich-liberalen Grundwerte der Schweiz sowie den Zusammenhalt der Bevölkerung über Regionen und soziale Milieus hinweg.

SRF4 News, 23.10.2021, 10:00 Uhr ; 

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