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Abstimmung über Covid-Gesetz SVP will mit Unzufriedenen zu alter Stärke zurück

Mit Dauerwahlkampf nach Blocher-Rezept in die Post-Covid-Ära: Die Taktik der Volkspartei ist nicht ohne Risiken.

2019 stoppte die grüne Welle die erfolgsverwöhnte SVP. Die Partei verlor fast vier Prozentpunkte Wähleranteile, weil Migration, Asyl und Europa kaum ein Thema waren. Im ersten Jahr der Pandemie schwang der Bundesrat das Zepter, die Parteien hatten wenig zu melden.

Jetzt aber nimmt die SVP wieder einmal die Gegenposition ein: Bei der ersten Abstimmung zum Covid-Gesetz im Juni beschloss die SVP Stimmfreigabe, jetzt bekämpft sie das Gesetz offen, das Ende November zum zweiten Mal vors Volk kommt.

Die Unzufriedenen im Visier

Seit Monaten wettert sie gegen das Zertifikat, das BAG oder Bundesrat Berset. So umgarnt sie demonstrierende Corona-Skeptiker und Massnahmen-Kritiker. Die SVP will die Post-Covid-Politik bestimmen und an die alten Erfolge anknüpfen – mit dem Rezept von Christoph Blocher: Wählerinnen und Wähler mobilisieren, koste es, was es wolle.

Covid-19-Gesetz: Darum geht es

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Da gegen die Änderungen im Covid-19-Gesetz das Referendum ergriffen wurde, wird nun am 28. November erneut über diese abgestimmt. Das Gesetz regelt besondere Befugnisse des Bundesrates zur Bekämpfung der Corona-Epidemie.

Mit der Änderung des Gesetzes im März 2021 hat das Parlament Finanzhilfen auf Betroffene ausgeweitet, die bis dahin nicht oder zu wenig unterstützt werden konnten. Das Contact Tracing zum Unterbrechen der Ansteckungsketten wurde weiterentwickelt und es wurde festgelegt, dass der Bund Corona-Tests fördert und deren Kosten übernehmen kann. Das Parlament schuf zudem die gesetzliche Grundlage für das von ihm verlangte Covid-Zertifikat für Genesene, Geimpfte und Getestete.

Für die Gegner ist die Gesetzesänderung unnötig und extrem. Insbesondere das Covid-Zertifikat schaffe die Grundlage für die rechtliche Diskriminierung Ungeimpfter und führe zu einer massiven Überwachung. Kritik gibt es auch an der Machtausweitung für den Bundesrat.

Bundesrat, Parlament sowie alle grossen Parteien ausser die SVP unterstützen das Covid-19-Gesetz. Die Anpassungen weiten die wirtschaftliche Hilfe aus und schliessen Unterstützungslücken. Das Covid-Zertifikat vereinfacht Auslandreisen und ermöglicht die Durchführung bestimmter Veranstaltungen. Ohne ein Ja am 28. November läuft die Rechtsgrundlage für die Massnahmen des Bundes Anfang 2022 aus.

Die Unzufriedenen an sich binden, diese Chance lasse sich die SVP nicht entgehen, sagt Politologe Claude Longchamp: «Man will möglichst viele Leute hinter sich versammeln, die mit den gegebenen Umständen unzufrieden sind.» Im Visier hat die SVP auch die 40 Prozent, die das erste Covid-Gesetz im Juni ablehnten.

Man will möglichst viele Leute hinter sich versammeln, die mit den gegebenen Umständen unzufrieden sind.
Autor: Claude Longchamp Politologe

Doch mit dieser Kampagne stösst die SVP auch ihre eigenen Leute vor den Kopf. Bundespräsident Guy Parmelin etwa. Auch mehrere kantonale SVP-Gesundheitsminister stellen sich gegen ihre Partei. Zum Beispiel der Berner Pierre-Alain Schnegg. Er mache nicht primär Parteipolitik, liest man in den bernischen Tamedia-Zeitungen.

Fraktionschef Aeschi unbesorgt

Im Aargau lieferten sich der SVP-Gesundheitsminister und der kantonale Parteipräsident eine wüste Auseinandersetzung um die richtige Corona-Politik. Diese Radikalität sieht Politologe Longchamp als Belastung für die SVP.

Thomas Aeschi
Legende: SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi an der Delegiertenversammlung am 21. August 2021 in Granges-Paccot (FR). Keystone

Dass sich SVP-Exponenten öffentlich bekriegen, ist für SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi hingegen kein Problem: Er verweist auf die Regeln in Kollegialbehörden wie Regierungsräten und dem Bundesrat: «Das heisst, dass das einzelne Mitglied nach aussen nicht mehr seine persönliche Meinung vertritt, sondern kollegial jene des Gremiums.»  

Gewagt: Schmarotzer-Vorwurf an die Städte

Noch riskanter beurteilt Politologe Longchamp jedoch die SVP-Polemik gegen die Städte, die als Schmarotzer bezeichnet wurden. Denn hier gehe es um einen wesentlichen Teil der Schweizer Bevölkerung. «Das Stereotyp, das man hier bedient, trifft nicht viele Entfremdete und im Ausland lebende oder vom Ausland her kommende Menschen, sondern die Menschen hier.»

Das Stereotyp, das man hier bedient, trifft nicht viele Entfremdete oder im Ausland lebende, sondern die Menschen hier.
Autor: Claude Longchamp Politologe

Ob die Rechnung für die SVP am Ende aufgeht? Im Aargau hat sie bei den Gemeindewahlen kürzlich stark verloren. Das könne sich wiederholen, meint Longchamp, aber national habe die SVP Potenzial: «Wenn die Bundespartei sich erholt, ihre Stärken in der Mobilisierungsfähigkeit eines wesentlichen Teils der Schweizer Bevölkerung zurückgewinnt, kann sie das wahrscheinlich auch kompensieren.»

Die zweite Abstimmung über das Covid-Gesetz am 28. November wird zeigen, ob die SVP mit ihrer Nein-Parole mehr als ihre Stammwählerschaft mobilisieren kann.

Covid-Gesetz: SVP startet Abstimmungskampf

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Die SVP und ihre Jungpartei haben am Freitag in den Chor der Gegnerinnen und Gegner des revidierten Covid-19-Gesetzes eingestimmt. Zum Start ihrer Abstimmungskampagne gegen die Vorlage vom 28. November lehnten sie die Zertifikatspflicht und einen damit verbundenen «indirekten Impfzwang» ab.

«Das Impfen muss ein freiwilliger Akt der Bürgerinnen und Bürger bleiben», sagte SVP-Parteipräsident Marco Chiesa vor den Medien in Bern. «Wir können nicht akzeptieren, dass der Staat mittels Zertifikatspflicht die Bürger direkt oder indirekt zu einer Impfung zwingt.» Die Partei halte allerdings die Impfung für eines der wichtigsten Mittel im Kampf gegen die Pandemie.

Rendez-vous, 15.10.2021, 12:30 Uhr

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