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Der Kampf um Männlichkeit «Ich bin der Boss» – Rückkehr der Machos

Frauenfeindliche Meinungen und patriarchale Rollenbilder erleben global ein Comeback – insbesondere bei jungen Männern. Die «Rundschau» trifft Anhänger des umstrittenen Andrew Tate und taucht ein in die «Manosphere», die digitale Gemeinschaft der Maskulinisten.

«Wenn der Mann zuhause der Boss ist, funktioniert es», sagt Joben Singh Bajwa. Er ist 27 Jahre alt und wohnt in seiner eigenen Villa mit beheiztem Pool im Kanton St. Gallen. Der Bart sauber getrimmt, der schwarze Scheitel perfekt zur Seite gegelt. «Ich wurde dafür geboren, um erfolgreich zu sein.» Als Mann sieht er sich dafür verantwortlich, dereinst seine Familie zu ernähren. Seine Freundin macht den Haushalt. «Eine Frau ist glücklicher mit einem starken Mann an ihrer Seite», sagt er. Eine Frau und ein Mann hätten unterschiedliche Stärken: «Das soll man nicht vertauschen.»

Joben Singh Bajwa ist nicht der einzige junge Mann mit diesem Rollenbild. In der «Manosphere», der digitalen Gemeinschaft der Maskulinisten, feiern solche Haltungen weltweit ein Comeback. Joben Singh Bajwa ist aktiv im Online-Forum «The Real World». Hier tummeln sich Tausende Schweizer, die ihren Lifestyle mit Männern weltweit teilen: Luxusuhren, Zigarrenabende unter Männern, durchtrainierte Oberkörper. Im Forum gibt es zudem Lernvideos, die zeigen sollen, wie man schnell Geld verdienen kann.

Konservative Rollenbilder im Trend

Hinter dem Forum «The Real World» stehen die Superstars der «Manosphere» Andrew und Tristan Tate. Zwei Brüder, die mit Aussagen wie «Frauen können nicht kämpfen, denn sie sind nicht dafür gemacht» oder «Eine Frau muss für die Kinder und mich sorgen und glücklich sein» polarisieren. Gegen die beiden laufen zudem Strafverfahren wegen Menschenhandel und Prostitution. Sie weisen alle Vorwürfe zurück.

May Beyli, forensische Psychiaterin an der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich, hält solche Männerbilder für potenziell gefährlich. «Solche Einstellungen ebnen den Weg in eine Radikalisierung. Es ist nicht gut, wenn man sich in einem Schwarz-Weiss-Denken verliert.» Sie beobachtet eine Zunahme dieses Gedankenguts. Fachleute schätzen, dass mittlerweile etwa jeder dritte junge Mann ein patriarchales Männerbild hat.

In der «Manosphere» stösst man leicht auch auf problematische Inhalte: Gewalt und brutaler Frauenhass. May Beyli kennt zahlreiche Sexual- und Gewalttäter. Damit jemand zum Täter wird, seien viele Faktoren entscheidend. Doch sie betont: «Ein Risikofaktor von häuslicher Gewalt sind patriarchale Vorstellungen.»

Joben Sing Bajwa will nichts davon wissen, dass sein Männerbild Gewalt an Frauen fördern kann: «Wir lieben Frauen. Wir wollen sie beschützen und behandeln wie Prinzessinnen.» Und sie stellen klar: Gewalt lehnen sie ab. Er verteidigt auch die Tate-Brüder. «Andrew Tate ist genau das, was die Gesellschaft jetzt braucht», ist er sich sicher. «Ich stimme ihm absolut zu. Er rüttelt die jungen Männer auf.» Sein Geschäftspartner Lukas Ammann ergänzt: «Andrew Tate ist eine grosse Inspiration und ein Vorbild für mich.»

Joben Singh Bajwa und Lukas Ammann führen zusammen mehrere Businessmodelle, unter anderem eine Firma, die Webseiten programmiert, und eine andere, die KI-Assistenten verkauft. Kennengelernt haben sich die beiden in der Armee. Sie machen jeden Tag mindestens 100 Liegestützen. «Es braucht mehr Disziplin, mehr Ehrgeiz, mehr Willen und mehr Männlichkeit», sagt Lukas Ammann. «Die Männlichkeit geht verloren», nickt Joben Singh Bajwa zustimmend.

Neue Infoplattform geplant

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Der Kanton Zürich, die Stadt Zürich und die Stadt Winterthur erarbeiten derzeit gemeinsam mit der Fachstelle männer.ch eine Informationsplattform für Eltern und Fachpersonen. Die Plattform «manosphere.ch» soll im Frühjahr 2026 online gehen. Sie soll auf Risiken und Warnsignale sensibilisieren.

SRF Rundschau, 17.09.2025, 20:10 Uhr; noes

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