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Digitale Parkuhren Parkbusse trotz bezahltem Ticket

Die neuen digitalen Parkuhren haben ihre Tücken. Wer sich vertippt, kassiert eine Strafe.

Seit rund einem Jahr tauchen an immer mehr Orten in der Schweiz digitale Parkuhren auf. Bei diesen muss man nicht mehr die Parkplatz-, sondern seine Autonummer eingeben.

Beim SRF-Konsumentenmagazin «Espresso» melden sich immer wieder Automobilisten, die zwar korrekt bezahlt, aber trotzdem eine Busse kassiert haben. Der Grund: Sie haben vergessen, das Kantonskürzel (ZH, BE, LU etc.) einzugeben.

Neue Parkuhren sorgen für Bussen

Einer Familienfrau ist es kürzlich in Davos passiert. Sie hat zum ersten Mal eine digitale Parkuhr bedient und vergass, ihr Kennzeichen SG einzutippen. Trotzdem schluckte der Automat das Geld und meldete «Transaktion erfolgreich». Zwei anderen Automobilisten passierte dasselbe in Greifensee im Kanton Zürich.

In Greifensee ist die Bedienung noch etwas komplizierter. Wer nicht aus Zürich oder St. Gallen kommt, muss im Menu «anderer Kanton» wählen. Ein Autofahrer aus Luzern tippte danach lediglich noch die Zahlen seiner Autonummer ein. Ein anderer aus St.Gallen wählte fälschlicherweise den Kanton Zürich aus. Das Resultat in allen Fällen: Eine Busse von 40 Franken. Obwohl – rein statistisch gesehen – kaum Missbrauchspotenzial besteht.

«Es braucht eine Fehlermeldung»

Die Betroffenen wurmt, dass sie korrekt bezahlt haben und trotzdem eine Strafe kassieren. «Ich habe schlussendlich 40 Franken Busse und fünf Franken Parkgebühr bezahlt. Jemand, der absichtlich mogelt, kommt mit 40 davon», meint ein Betroffener. Das sei nicht fair.

Ein anderer Betroffener versteht nicht, wieso die modernen Parkuhren keine Fehlermeldung ausgeben: «Wenn irgendetwas vergessen geht, sollte man nicht bezahlen können. Dann müsste ein Hinweis kommen, was ich noch machen muss, damit alles stimmt.»

Bei neuen Automaten ist jeder Fünzigste betroffen

Für die Verantwortlichen aus Davos sind das bedauerliche «Einzelfälle». Die Firma Digitalparking, die führende Schweizer Anbieterin von digitalen Parkuhren, die die Geräte in Davos geliefert hat, erlebt das anders: «Nein, das sind klar keine Einzelfälle. Es ist ein für uns relativ unerwartetes Phänomen, dass ein Teil der Leute nur die Zahlen von ihrem Kennzeichen eingeben.» Bei einer neu installierten Parkuhr sei eine von 50 Personen betroffen, oder sogar noch mehr.

Es ist ein für uns relativ unerwartetes Phänomen, dass ein Teil der Leute nur die Zahlen von ihrem Kennzeichen eingeben.
Autor: Reto Schläpfer Digitalparking

Der Grund, weshalb die Parkuhr beim Kantonskürzel nicht warne, sei, dass auch ausländische Nummernschilder eingegeben werden könnten, heisst es aus Davos und Greifensee. Digitalparking widerspricht: Parkuhren aus der EU erkennen Fehler beim Kantonskürzel zwar nicht. Bei ihren eigenen Parkuhren habe man das Problem aber gelöst: Der User werde aufgefordert, mindestens einen Buchstaben einzugeben.

Wieso drückt die Polizei kein Auge zu?

Weshalb es gerade in der Anfangsphase der digitalen Parkuhren keine Kulanz gibt, dazu heisst es aus Greifensee und Davos, man wolle «Rechtsgleichheit» schaffen. Spielraum für Kulanz sei nicht da.

Dabei wäre Kulanz durchaus möglich, verrät Digitalparking. Bei ihrem System werde den Polizisten und Polizistinnen angezeigt, wenn es auf dem gleichen Parkplatz eine Autonummer gibt, die sehr ähnlich ist und korrekt bezahlt hat. Dies genau für den Fall, dass jemand eine Zahl vertauscht, ein O statt einer Null eingibt oder das Kantonskürzel vergisst. Reto Schläpfer: «Polizistinnen und Polizisten könnten also Kulanz walten lassen, wenn sie das wollten oder dürften.»

Espresso, 22.03.2021, 08:13 Uhr

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