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Automatische Eröffnung eines elektronisches Patientendossiers
Aus Tagesschau vom 28.06.2023.
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Digitales Gesundheitswesen Das elektronische Patientendossier: Was Sie wissen müssen

Das elektronische Patientendossier, kurz EPD, ist seit 2007 ein Thema. Die Krux liegt – wie so oft – im Detail, respektive im Umfang des Sprösslings. Ein Überblick über Geschichte, Hürden und Chancen des EPD.

Wie das EPD funktioniert: Im elektronischen Patientendossier können Patientinnen und Patienten ihre persönlichen Gesundheitsdokumente ablegen und den Zugriff kontrollieren. Es ermöglicht den sicheren Austausch von Informationen zwischen Patienten und Gesundheitsdienstleistern. Alle Menschen in der Schweiz können ein EPD eröffnen, unabhängig vom Gesundheitszustand. Externe Parteien wie Arbeitgeber, Behörden und Versicherungen haben keinen Zugriff.

Das sind die zertifizierten EPD-Anbieter in der Schweiz

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eSanita: Bietet Zugang in drei Schritten. Online-Registrierung, ein handschriftlicher Antrag, plus persönliche Identifikation in der EPD-Eröffnungsstelle.

Post-Sanela: Zugang in vier Schritten. Dossiervorbereitung mit Lektüre mehrerer Broschüren und Bereitstellung von Dokumenten, eine Dossier-Eröffnungsstelle finden, Eröffnung in der EPD-Eröffnungsstelle.

Emedo: Bietet eine vollständig digitale Eröffnung in sechs Schritten. Elektronische Identität direkt im Portal erstellen (MyTrustID), Bereitstellung von Identitätsausweis, Online-Video-Identifikation, digitale Einwilligungserklärung, Zugangsdaten per Post, Account mit der TrustID verknüpfen und Zugangsrechte verteilen.

Ehti: Für die Bevölkerung im Tessin. Bietet nur eine Vor-Ort-Eröffnung.

Mon Dossier Santé: Für die Bevölkerung in der französischen Schweiz. Bietet sowohl eine Vor-Ort- als auch eine Online-Eröffnung.

Abilis: Bietet eine vereinfachte Eröffnung in allen Abilis-Partnerapotheken.

Cara: Eine Initiative der Kantone Genf, Waadt, Freiburg, Jura und Wallis. Abilis bietet eine vollständig digitale Eröffnung in vier Schritten. Elektronische ID direkt auf dem Portal erstellen, Einverständniserklärung online ausfüllen, Verknüpfung der e-ID mit dem Dossier, plus Video-Identifikation oder Identifikation vor Ort.

Für die Eröffnung bei allen Anbietern ist die vorgängige Erstellung einer sogenannten elektronischen Identität (e-ID) erforderlich. Zum Beispiel bei TrustID oder bei SwissID.

Die im EPD durch Gesundheitsfachpersonen und Patientinnen gespeicherten Dokumente verbleiben im IT-System der Klinik oder der Ärzteschaft, während eine Kopie im EPD abgelegt wird. Der Zugriff erfolgt über das eigene System oder über die Zugangswebseite des EPD-Anbieters. Aktuell sind nur bestimmte Dateiformate für den Upload erlaubt, jedoch sollen weitere Formate wie Impfausweis und Medikationsplan folgen.

Die Vorteile des EPD: Das System soll den interprofessionellen Austausch von Patienteninformationen erleichtern. Dies erhöht nach Ansicht des Bundesrats die Therapiesicherheit und reduziert das Risiko von Fehlentscheidungen. Es bietet ferner einen einheitlichen Kommunikationskanal und ermöglicht den direkten Zugriff auf relevante Informationen. Eine breite, bis jetzt freilich nicht erreichte Teilnahme von Gesundheitsfachpersonen und Patientinnen am EPD-System soll Zeit bei der Informationsbeschaffung sparen. Nicht zuletzt dient das EPD als gemeinsame Ablage für wichtige Informationen. Patientinnen und Patienten können ihren Gesundheitsfachpersonen Zugriffsrechte erteilen, um Übertrittsberichte und andere relevante Daten einzusehen.

Die Schwierigkeiten des Projekts auf einen Blick

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Die Hauptursachen für die langsame Umsetzung des EPD liegen bei den Patientinnen und Patienten, den Gesundheitsdienstleistern und den vorhandenen Systemen.

Patienten: Bis jetzt sind in der gesamten Schweiz erst knapp 20'000 Dossiers eröffnet worden. Patientenorganisationen zeigen sich besorgt über den Schutz sensibler Gesundheitsdaten. Diese Bedenken hinsichtlich Datenschutzes und Missbrauchs dürften ein Grund für die zögerliche Annahme des EPD sein. Bislang fehlt auch eine konzentrierte Sensibilisierungskampagne des Bundes. Ferner erfordert die Eröffnung eines Patientendossiers nach wie vor einigen Aufwand.

Gesundheitsinstitutionen: Nach Ansicht des Berufsverbandes der Schweizerischen Ärztinnen und Ärzte FMH erfordert die Einführung des EPD erhebliche Investitionen, sowohl finanziell als auch in Bezug auf die Schulung des medizinischen Personals. Kleinere Arztpraxen und Pflegeeinrichtungen können Schwierigkeiten haben, die finanziellen Mittel für die Implementierung aufzubringen. Zudem ist die Zusammenführung und Verknüpfen verschiedener bestehender Systeme in den Gesundheitseinrichtungen eine technische Herkulesaufgabe. Es erfordert laut FMH die Integration und Interoperabilität zwischen elektronischen Patientenakten und anderen verwendeten medizinischen Softwaresystemen.

Systeme und Stammgemeinschaften: Die bürokratischen Hürden sind hoch, weil der Zertifizierungsprozess für die Stammgemeinschaften sowie die regulatorischen Anforderungen für das EPD komplex und zeitaufwändig sind. Dies hat in der Vergangenheit immer wieder zu Verzögerungen bei der Umsetzung geführt. Nicht zuletzt macht die Notwendigkeit der Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Akteuren im Gesundheitswesen das Ansinnen zum Mammut-Projekt. Als erschwerend gilt laut FMH auch die Fragmentierung der Stammgemeinschaften. Die unterschiedlichen Bedürfnisse und Interessen der einzelnen Gesellschaften müssen harmonisiert werden, was einen zusätzlichen Aufwand mit sich bringt.

Die Kritik am EPD: Insbesondere Gesundheitsdienstleister wie Kliniken, Ärztinnen und Therapeuten befürchten einen immensen bürokratischen Aufwand. Laut dem Berufsverband der Ärzteschaft FMH arbeiten nach wie vor rund ein Drittel aller Arztpraxen analog im Papierformat. Der digitale Umbau steht für sie nach Ansicht des FMH bislang in keinem Verhältnis zum Nutzen. Das Produkt müsse zuerst funktional ausgebaut werden, bevor eine flächendeckende Anwendung ins Gesetz geschrieben werde, sagt stellvertretend FMH-Präsidentin Yvonne Gilli.

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Kritik weht dem EPD auch vonseiten der Patienten- und Konsumentenschützer entgegen. Nebst den Sicherheits-Restrisiken, die eine elektronische Aufbewahrung von sensiblen Daten mit sich bringt, bemängelt beispielsweise die Stiftung für Konsumentenschutz die geplante automatische Eröffnung des Dossiers. Die sogenannte Opt-Out-Lösung (die Verhinderung der automatischen Eröffnung muss aktiv verlangt werden) kommt für die Konsumentenschützer nur dann infrage, wenn Patientinnen und Patienten vorgängig Einsicht in ihr Dossier bekämen.

Wie es weiter geht: Der Bundesrat hat die Revision des Gesetzes über das elektronische Patientendossier (EPD) bis zum 19. Oktober in eine Vernehmlassung geschickt. Dies ist die zweite von zwei Revisionsetappen. Mit der ersten soll übergangsweise die Finanzierung der Stammgemeinschaften geregelt werden, die schon elektronische Dossiers anbieten. Hier will der Bundesrat laut Gesundheitsminister Alain Berset nach der Sommerpause entscheiden.

Detaillierte Informationen finden Sie auf dieser offiziellen EPD-Seite von eHealth Suisse, Bund und Kantonen.

SRF News, 29.06.2023, 05:10 Uhr

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