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Sind Apotheken die neuen Ärzte?
Aus Regional Diagonal vom 16.03.2024. Bild: SRF/Leonie Marti
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Diskreter medizinischer Rat Apotheken beraten im Hinterzimmer – das Modell boomt

Seit Neuestem setzen auch grosse Apothekenketten auf spezielle Beratungsräume. Was bringt das?

Die Pille danach, ein Mittel gegen Erektionsstörungen oder Hämorrhoiden – solche Anliegen möchten Patientinnen und Patienten diskret behandeln. Sie suchen deshalb lieber gleich den Hausarzt oder die Spezialistin auf.

Strasse in Zollikofen
Legende: Die Amavita Kreuz Apotheke in Zollikofen (BE) ist eine von 369 Galenica-Apotheken. SRF/Leonie Marti

Diesen Umstand machen sich manche Apotheken schon länger zunutze: Sie bieten sogenannte Beratungsräume an. Diese sorgen für mehr Privatsphäre.

«Die Apotheken haben sich in den vergangenen Jahren gezielt als Teil der medizinischen Grundversorgung positioniert und ihr Angebot ausgebaut», erklärt SRF-Bundeshausredaktorin Christine Wanner und betont: «Alle der rund 1800 Apotheken in der Schweiz können diskrete Beratungen anbieten, es gibt kein Exklusivrecht.»

Pro Tag eine vertiefte Beratung

Seit Neuestem testet auch der Berner Gesundheitskonzern Galenica – der grösste Apothekenbetreiber der Schweiz – ein solches Angebot, etwa in der Amavita Kreuz Apotheke in der Berner Vorortgemeinde Zollikofen.

Dort gibt es einen separaten Raum mit einem Tisch und drei Stühlen. Der Raum sei gefragt, sagt die Geschäftsführerin der Apotheke, Daniela Mohn: «Seit wir diesen Raum anbieten, führen wir pro Tag ungefähr eine vertiefte Beratung durch.»

Beratungsraum mit Tisch und drei Stühlen
Legende: Im Beratungsraum findet pro Tag ungefähr eine vertiefte Beratung statt. SRF/Leonie Marti

Den Beratungstermin kann die Kundschaft entweder online buchen oder an der Theke nachfragen. «Wenn jemand erzählt, dass er beispielsweise an Hämorrhoiden leidet, bieten wir die Beratung auch von uns aus an, damit wir unter vier Augen reden können», so Daniela Mohn. Dort getraue sich das Personal dann auch, mehr Fragen zu stellen. Diese seien zwar manchmal unangenehm, aber nötig.

Mehrere Krankenkassen übernehmen Kosten

Die Beratung dauert zwischen 10 und 15 Minuten, die Apotheke verlangt dafür 25 Franken. Diesen Betrag seien viele Leute bereit zu zahlen, sagt die Geschäftsführerin der Apotheke in Zollikofen.

Ausserdem wird das Beratungsangebot inzwischen von mehreren Krankenkassen übernommen, teilweise über die Grundversicherung, teilweise über die Zusatzversicherung.

Diese Beratungen entlasten das ganze Gesundheitssystem.
Autor: Thomas Wyss Projektleiter Beratung Plus, Gesundheitsgruppe Galenica

Es seien vor allem jüngere Leute mit einer hohen Franchise, die diese Beratung in Anspruch nehmen würden. «Das entlastet das ganze Gesundheitssystem», sagt Thomas Wyss, Leiter des Projekts Beratung Plus bei der Gesundheitsgruppe Galenica.

Weniger Arztbesuche

SRF-Redaktorin Christine Wanner sieht das Beratungsangebot der Apotheken als Entlastung für Arztpraxen oder den Spitalnotfall, der auch wegen Bagatellen aufgesucht wird. «Das System wird nicht umgekrempelt, sondern niederschwellig ergänzt. Das ist politisch so gewollt – von Parlament und vom Bundesrat.» Tatsächlich zeige sich der Nutzen dieser Beratungen mit der fachlichen Kompetenz vor Ort.

Ein Mann lässt sich den Blutdruck messen.
Legende: Im Beratungszimmer der Apotheken gehören das Blutdruckmessen, die Methadon-Abgabe und Impfungen zu den Klassikern. Keystone/Christian Beutler

Auch Stefan Felder, Professor für Gesundheitsökonomie an der Universität Basel, begrüsst den neuen Geschäftszweig der Galenica: «Durch dieses Angebot können Arztbesuche reduziert werden.»

Herausforderung für die kleinen Apotheken

Aber Galenica sei längst nicht das einzige grössere Unternehmen, das die Schnittstelle zwischen Arztpraxen und Patient bewirtschafte: «Der Gesundheitsanbieter Medbase etwa gehört zur Migros – und die verfügt ja auch über Apotheken.»

Wenn ein grosser Anbieter wie Galenica solche Beratungszimmer anbiete, sei das natürlich eine Herausforderung für die kleineren Apotheken, sagt Stefan Felder. Aber: «Letztlich kann man nichts dagegen sagen, weil es eine gute Sache ist.»

Regional Diagonal Magazin, 16.03.2024, 12.03 Uhr;

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