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Drogenprobleme in der Stadt In Zürich geht die Sorge über eine neue offene Drogenszene um

Crack wird in der Stadt Zürich vermehrt auch offen am Tag konsumiert. Die Sorge darüber wächst – ebenso die Kritik.

Kinder spielen auf dem Spielplatz – unweit davon konsumieren Drogenabhängige Crack oder geben sich dem Rausch hin. Diese Szenen spielen sich derzeit ab und an am helllichten Tag in der Stadt Zürich ab.

In der Bäckeranlage, einem öffentlichen Freiraum mit Park, im Stadtzürcher Kreis 4 soll sich momentan so etwas wie eine neue offene Drogenszene bilden. Dies haben die NZZ und andere Medien neulich berichtet.

Anwohner sind beunruhigt und verängstigt

Bis zu 40 Drogensüchtige sollen hier verkehren und vor allem die Droge Crack kaufen und konsumieren: dies mitten in der Stadt, umgeben von Wohn- und Schulhäusern und Gewerbe-Betrieben.

Crack – eine weitverbreitete Droge

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Crack ist im Grunde Kokain, das durch einen chemischen Prozess verändert wird.

Hergestellt wird die Droge, indem das pulverförmige Kokainhydrochlorid mit Backpulver und Wasser verbacken wird. Konsumiert wird es meistens durch Rauchen, mit sogenannten Crack-Pfeifen.

Verhältnismässig günstig

Die Wirkung ist intensiver, aber auch kurzlebiger als bei herkömmlichem Kokain. Crack gilt nebst Heroin und Methamphetamin als die Droge, die das höchste psychische Abhängigkeitspotenzial aufweist.

Crack-Konsum kann Angstzustände und depressive Verstimmungen bewirken und in zu hohen Dosen gar zum Tod führen.

Gerade in den letzten Jahren melden viele Länder zunehmende Probleme mit der Droge. Das dürfte nicht zuletzt daran liegen, dass sie leicht erhältlich und relativ billig ist.

Anwohnerinnen und Anwohner, Eltern und Gewerbetreibende sorgen sich oder sind verängstigt. Mehrere äussern in den Medien ihre Ängste und Befürchtungen, schildern Erzählungen über gefundene Drogenutensilien, eine aggressive Stimmung, ja gar über Gewalt.

Bei solchen Ereignissen kommt in Zürich schnell die Angst auf, es könnte eine neue offene Drogenszene geben wie in den 80er- und 90er-Jahren beim Platzspitz: Damals konsumierten dort Tausende Drogenabhängige Tag und Nacht primär Heroin.

Ein Bild des Letten, wo in den 90er-Jahren tausende Heroinabhängige Drogen offen konsumierten.
Legende: Beim Zürcher Letten, dem Nachfolger der Drogenszene am Platzspitz, konsumierten in den 90er-Jahren viele Abhängige offen Heroin und andere Drogen. Keystone / Martin Ruetschi

Doch so weit ist die derzeitige Situation bei der Bäckeranlage noch lange nicht. Das ergibt sich nur schon aus der deutlich kleineren Anzahl der Drogenabhängigen, die dort verkehren.

Stadt will eine offene Drogenszene verhindern

Die Stadt ihrerseits will indes eine neue offene Drogenszene verhindern. «Das ist eine schwierige Situation, die wir sehr ernst nehmen müssen», sagt der Stadtzürcher Sozialvorsteher Raphael Golta (SP) gegenüber Radio SRF.

Es habe in der Stadt Zürich in den letzten 30 Jahren zwar immer wieder Hotspots gegeben. Bei der Bäckeranlage entwickle sich jetzt aber eine Szene, die nicht gut sei, weil dort tatsächlich eine grössere Anzahl Menschen Drogen konsumiere.

Blick auf zwei Drogenkonsumenten in der Zürcher Bäckeranlage.
Legende: Dass in der Stadtzürcher Bäckeranlage Drogen konsumiert werden, ist per se nichts Neues. Bereits in den 90er-Jahren nutzten Drogenabhängige den öffentlichen Freiraum für den Konsum. Keystone / Walter Bieri

Die Stadt beobachte die Situation sehr genau und plane Massnahmen: Zum einen wird die polizeiliche Präsenz vor Ort gestärkt, ebenso sollen Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter mit den Drogenabhängigen im Austausch stehen.

«Auf der anderen Seite brauchen wir im Zentrum eine Übergangslösung für eine neue Kontakt- und Anlaufstelle», sagt Golta. Eine solche nämlich fehlt im Stadtzentrum, seit die Stadt ihre in der alten Kaserne schliessen musste. Diese wird zu einem Bildungszentrum umgebaut.

Ersatzanlaufstelle liegt weit entfernt

Gegenwärtig befindet sich eine städtische Ersatzstelle in der Brunau, mit dem öffentlichen Verkehr rund 30 Minuten von der Bäckeranlage entfernt. «Diese ist aber relativ weit weg vom Zentrum und auch nicht so gut erreichbar», sagt Heike Isselhorst vom Stadtzürcher Sozialdepartement.

Eine Frau zündet sich eine Crack-Pfeife an.
Legende: Crack ist nicht nur in Zürich ein Problem – auch etwa in Genf oder im Ausland hat sich die Droge in den letzten Jahren vermehrt verbreitet. Hier ein Bild aus Frankfurt in Deutschland. Keystone / DPA / Boris Roessler

Die Stadt suche derzeit intensiv nach einem neuen Standort, der näher beim Kreis 4 liegt – bis jetzt aber erfolglos: «Es ist nicht ganz einfach, denn es ist kein Angebot, das in Nachbarschaften sehr begrüsst wird», sagt Isselhorst.

Man sei mit Hochdruck daran, dort immerhin ein Provisorium zu finden, bis man in der Nähe zum Hotspot eine dauerhafte Lösung habe. Das Ziel sei es, die Bäckeranlage und das Quartier zeitnah zu entlasten.

Die Stadt ist nun mit Massnahmen gefordert

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Eine schnelle Lösung beim Crack-Konsum sei sehr wichtig, sagt Frank Zobel von Sucht Schweiz. «Das grosse Problem mit Crack ist, dass die Abhängigen in einen sehr intensiven Konsum übergehen – sie hören auf zu essen, zu trinken, zu schlafen und werden so ein bisschen zombieartig», sagt der Suchtexperte.

Selbstverständlich müsse man diesen Menschen helfen, andererseits aber auch mit der Polizei schauen, dass der Markt für diese Droge nicht zu weit wächst.

Will heissen: Als Nächstes ist die Stadt gefordert, die mit ihren Massnahmen das Drogenproblem bei der Bäckeranlage bewältigen will. Ob diese genug schnell wirken, wird sich weisen.

SRF1 Regionaljournal Zürich Schaffhausen, 22.8.2023, 8:31 Uhr ; 

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