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Urteil des Bundesgerichts Kleine Mengen von Drogen werden künftig nicht mehr beschlagnahmt

  • Die Polizei darf kleine Mengen von illegalen Drogen für den Eigengebrauch nicht mehr beschlagnahmen.
  • Das Bundesgericht hat im Zusammenhang mit Cannabis ein wegweisendes Urteil gefällt.
  • Dies dürfte sich auf den Drogenkonsum in der Schweiz auswirken.

Wer mit einer kleinen Menge Kokain unterwegs ist, muss sich künftig nicht mehr vor der Polizei verstecken. Das Urteil des Bundesgerichts im Zusammenhang mit Cannabis wird wohl auch im Fall von härteren Drogen ähnlich angewandt, wie Rechtsexperten gemäss der SonntagsZeitung schliessen.

Es bringt gar nicht so viel, bei diesen Leuten die kleinen Mengen zu beschlagnahmen, denn sie müssen sich ja sofort wieder eine Dosis holen.
Autor: Frank Zobel Direktor Sucht Schweiz

Die Stiftung Sucht Schweiz rechnet mit einer positiven Wirkung des Urteils. Die Süchtigen hätten so ein Problem weniger, müssten die Strafverfolgungsbehörden nicht mehr fürchten und ihnen könne besser geholfen werden.

Es seien sowieso meist die Abhängigen selbst, die mit kleinen Mengen Drogen erwischt würden, so Frank Zobel, Direktor von Sucht Schweiz. «Es bringt gar nicht so viel, bei diesen Leuten die kleinen Mengen zu beschlagnahmen, denn sie müssen sich ja sofort wieder eine Dosis holen.»

Das Urteil werfe trotzdem viele Fragen auf. Beispielsweise müsse geklärt werden, was bei den verschiedenen Drogen als «geringfügige Menge» verstanden werde. Zobel appelliert an die Kantone, sich abzusprechen: «Es ist wichtig, dass keine Willkür herrscht. Die Situation sollte nicht hinter einer Kantonsgrenze plötzlich ganz anders sein.»

Herausforderung für die Strafverfolgung

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Das Urteil könnte die Verfolgung im Strassenhandel erschweren. Die Polizei sei nicht zu beneiden, so Peter Albrecht, emeritierter Professor für Betäubungsmittelrecht. Es müsse jedes Mal geprüft werden, ob die kleine Drogenmenge für den Eigengebrauch genutzt würde. «Wenn man sagen kann, dass der Angehaltene den Stoff erworben hat, um ihn weiterzuverkaufen, gilt der Artikel nicht.»

Für die Strafverfolgungsbehörde könne die Abwägung jedoch schwierig werden, so Albrecht. Es hänge stark von den Umständen ab und was die Person dazu sage.

Für die Umsetzung des Bundesgerichtsentscheids sind die Strafverfolgungsbehörden in den Kantonen zuständig. Die Schweizerische Staatsanwälte-Konferenz habe sich der Thematik angenommen, teilt diese auf Anfrage mit. Sie strebe eine Praxis an, die in allen Kantonen einheitlich ist.

Heute Morgen, 09.08.2023, 06:00 Uhr

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