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Drohender Felssturz in Brienz «Müssen damit rechnen, dass wir erst im Frühling zurück können»

Wieder schlechte Nachrichten für die Einwohner von Brienz GR: Der Berg oberhalb des Dorfes bewegt sich talwärts, 20 bis 30 Zentimeter pro Tag. Die Behörden haben am Dienstagmittag die Phase Orange beschlossen. Das heisst: Die Bewohner müssen das Dorf bis am Sonntagmittag verlassen. Gemeindepräsident Daniel Albertin über die Unterbringung der Bewohner, Widerstand im Dorf und die To-Do-Liste bis Sonntag.

SRF News: Daniel Albertin, gestern hiess es, die Rutschung am Berg habe sich verlangsamt auf 20 Zentimeter pro Tag. Warum haben Sie trotzdem heute die Evakuierung beschlossen?

Daniel Albertin: Die Geologen haben über das Wochenende getagt und sind zum Schluss gekommen, dass die Phase Orange einberufen werden muss, damit die Evakuierung am Sonntag abgeschlossen ist.

Wie schwierig ist Ihnen diese Entscheidung gefallen?

Es war eine schwierige Entscheidung, denn es ist bereits das zweite Mal, dass die Bewohner ihr Zuhause verlassen müssen. Und es ist eine Entscheidung, die zeitlich nicht so begrenzt ist wie letztes Mal. Das letzte Mal konnte man in Wochen rechnen. Nun müssen wir mit Monaten rechnen oder gar davon ausgehen, dass die Bewohner den ganzen Winter nicht in ihr Zuhause zurück können. Diese Entscheidung fällt einem sehr schwer.

Verstehen Sie den Unmut der Leute, die ihr Zuhause verlassen müssen? Die Stimmung ist nicht gerade gut.

Die Stimmung ist betrübt, und ich verstehe das. Diese Herausforderung, die Wohnung für ungewisse Zeit erneut zu verlassen und das vor Weihnachten, das belastet die Bevölkerung, und ich verstehe vollumfänglich, dass deshalb auch viel Unmut vorhanden ist.

Am Sonntag wird jeder ein Dach über dem Kopf haben.

Sie sind im Moment damit beschäftigt, den rund 80 Einwohnerinnen und Einwohnern ein Dach über dem Kopf zu organisieren. Wie ist der Stand?

Das sieht recht positiv aus. Wir haben rund 35 Wohnungen, die uns zur Verfügung gestellt worden sind, etwa 10 Wohnungen, die wir bereits fix vermitteln konnten. Es gibt noch etwa sieben, acht Familien, für die wir noch keine Lösung haben. Sollte dies bis Ende Woche so bleiben, hat uns ein Hotel in Tiefencastel Zimmer für diese Leute angeboten. Am Sonntag wird jeder ein Dach über dem Kopf haben.

Luftaufnahme eines Dorfes vor einem grossen Berghang mit Geröll.
Legende: Es ist bereits das zweite Mal, dass das Dorf evakuiert werden muss. KEYSTONE/ Gian Ehrenzeller

In Brienz gibt es auch viele Bauernbetriebe mit Nutztieren. Auch diese müssen umziehen. Welche Lösungen gibt es dafür?

Wir stehen in engem Kontakt mit der landwirtschaftlichen Beratung – Graubünden Vieh –, und hatten heute wieder eine Sitzung mit den betroffenen Bauernfamilien. Wir sind auf Kurs, dass wir bis Ende Woche eine Lösung finden. Wir erhalten auch zusätzliche Hilfe vom Bauernverein Albula, der seine Manpower den Bauernfamilien zur Verfügung stellt, um die Betriebe zu evakuieren.

Die Ungewissheit belastet, aber die Direktbetroffenen müssen auch bereit sein, diesen Schritt zu machen.

Wie lange müssen die Menschen Brienz voraussichtlich verlassen?

Das ist eine schwierige Frage. Wir müssen damit rechnen, dass wir bis im Frühling nicht mehr in Brienz wohnen können.

Wäre es nicht sinnvoller, Brienz dauerhaft zu räumen?

Die Ungewissheit belastet, aber die Direktbetroffenen müssen auch bereit sein, diesen Schritt zu machen. Heute sind wir noch in der Lage, bautechnisch diese Rutschung aufzuhalten.

Was bleibt noch zu tun bis Sonntag?

Es bleibt noch viel zu tun. Es müssen noch organisatorische Aufgaben erledigt werden, etwa die Schule, Wohnungsvermietung oder eben die Landwirtschaftsbetriebe.

Das Gespräch führte Livia Baettig.

Schweiz Aktuell, 12.11.24, 19 Uhr ; 

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