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Ein Smartphone mit der Uber-App.
Legende: Ein Gutachten der Universität Basel bezeichnet Uber-Fahrer als Angestellte und nicht als Selbstständige. Keystone
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Schweiz Druck auf Uber Schweiz nimmt zu

Fehlende Sozialleistungen und unklare Anstellungsverhältnisse: Das Geschäftsmodell des US-Mitfahrdienst Uber steht in der Schweiz seit längerem in der Kritik. Ein Gutachten der Universität Basel nimmt Uber nun in die Pflicht – zur Freude der Gewerkschaften.

Den Schweizer Markteintritt und den darauffolgenden Geschäftsverlauf hat sich Uber mit Sicherheit besser vorgestellt. Statt Wachstum und höheren Gewinnen, sieht sich der Schweizer Ableger des US-Mitfahrdienstes seit Monaten mit einer juristischen Auseinandersetzung mit den Sozialversicherungsbehörden im Streit um den arbeitsrechtlichen Status seiner Fahrer konfrontiert – und jetzt droht Uber im schwelenden Arbeitskonflikt eine neue Sturmfront: Diesmal vonseiten der Unia.

Die Gewerkschaft beauftragte die juristische Fakultät der Universität Basel unter der Leitung von Professor Kurt Pärli, das erste Rechtsgutachten zur «Digital Economy» zu erstellen und dabei insbesondere offene arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Fragen im «Fall Uber» zu beurteilen.

Audio
Gutachten über Uber wirft Fragen auf
aus Rendez-vous vom 29.08.2016. Bild: Keystone
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 50 Sekunden.

«Scheinselbstständigkeit» der Uber-Fahrer

Darin kommt Gutachter Pärli nun zu einem klaren Verdikt: Der Professor der Universität Basel bezeichnet das Auftragsverhältnis zwischen Uber und den Uber-Fahrern als «Scheinselbstständigkeit».

Daher seien die Uber-Fahrer als «Arbeitnehmer» des US-Technologieunternehmens zu taxieren. Der Grund: «Die Ausgestaltung des Entschädigungssystems zeigt, dass im Ergebnis eine entgeltliche Arbeitsleistung vereinbart wurde.»

Uber muss für Sozialversicherungskosten aufkommen

Zudem seien Uber-Fahrer auch deshalb Arbeitnehmer, weil der Arbeitgeber ihnen «Vorschriften zur Präsenzpflicht» mache, welche eine andere Erwerbstätigkeit in dieser Zeitspanne ausschliesse. So würden Uber-Fahrer, die in wiederkehrenden Abständen elektronische Fahranfragen ablehnten, vom Schweizer Ableger des US-Konzerns nicht mehr als Chauffeur berücksichtigt.

Ausserdem sehe der Uber-Nutzungsvertrag eine automatische Beendigung der Zusammenarbeit vor, wenn die Fahrer während 90 Tagen keine Taxifahrt mehr ausführen. Damit aber nicht genug: Weil es sich bei den Uber-Fahrern um Arbeitnehmer handle, habe der US-Mitfahrdienst für die Sozialversicherungsbeiträge der Fahrer aufzukommen.

Unia will weiter kämpfen

Die Unia reagiert erfreut auf die Ergebnisse des Gutachtens und sieht sich in ihrer Forderung bestärkt, dass gegen das Uber-Geschäftsmodell weiter vorgegangen werden müsse. «Das Rechtsgutachten stellt nochmals deutlich klar, dass Uber seine Stellung als Arbeitgeber nicht mehr bestreiten kann und dass es sich bei Uber-Fahrern um Scheinselbstständige handelt».

Deshalb sollte das Gutachten für die kantonalen Behörden Anlass genug sein, zügig griffige Massnahmen zu ergreifen, lässt die Unia weiter verlauten. Darüber hinaus werde man «genau prüfen, welche rechtlichen Schritte gegen Uber» eingeleitet werden könnten.

Spielt Gutachten das Zünglein an der Waage?

Tatsächlich könnte das von der Unia in Auftrag gegebene Gutachten die Entscheidung im Rechtsstreit zwischen Uber und den Schweizer Sozialversicherungsbehörden bei der Frage um den arbeitsrechtlichen Status der Uber-Fahrer herbeiführen.

Zur Erinnerung: Die Sozialversicherungsanstalt Zürich (SVA) und die Schweizerische Unfallversicherung Suva sind zur Überzeugung gelangt, dass es sich bei den Uber-Fahrern um Angestellte des US-Taxiunternehmens handelt.

Aus diesem Grund stellte die SVA dem Unternehmen ausstehende Sozialversicherungsbeiträge für Uber-Fahrer in Rechnung – mit der Aufforderung, diese zu begleichen. Das Taxiunternehmen seinerseits setzte sich gegen den Zahlungsbefehl mit juristischen Mitteln zur Wehr.

Audio
Astag-Direktor Reto Jaussi zu den Arbeitsbedingungen von Schweizer LKW-Fahrern
aus SRF 4 News aktuell vom 29.08.2016.
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 16 Sekunden.

Niederländisches Recht als Ausweg für Uber

Uber weht in der Schweiz ein eisiger Wind entgegen. Dennoch könnte sich der Technologiekonzern im Kampf um die arbeitsrechtliche Frage seiner Chauffeure aus der juristischen Umklammerung befreien: Dank der sogenannten «Schiedsgerichtsklausel» – denn die komplexen und weit verzweigten Uber-Verträge sehen vor, dass Rechtsstreitigkeiten «ausschliesslich niederländischem Recht» unterstehen und somit sämtliche Rechtsstreitigkeiten in Amsterdam und in englischer Sprache auszutragen seien.

Gutachter Pärli bezeichnet die Klausel als rechtsgültig – auch wenn sich Uber-Fahrer mit Unterzeichnung dieser Verträge in eine «ungünstige Lage» manövrierten und faktisch auf ihren Rechtsschutz verzichten. Allerdings empfiehlt er, den Passus vor einem Schweizer Gericht überprüfen zu lassen.

Uber-Schweiz-Chef Rasoul Jalali sieht das Gutachten derweil gelassen: «Das Rechtsgutachten bringt keine überzeugenden Argumente zum Status der Fahrer», erklärt Jalali. Vielmehr werde auf «allgemeine Vorwürfe gegenüber Uber» ausgewichen. Die endgültige Entscheidung werde schliesslich ein Richter treffen.

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13 Kommentare

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  • Kommentar von Hans Ochsner  (Hans Ochsner)
    Mal schauen was Unia in ein paar Jahren zu sagen hat wenn das führerlose Fahrzeug bei Uber zum Einsatz kommt. Dann wird gar keine AHV mehr abgerechnet. Und auch bei der AHV wird es dann einige Köpfe weniger brauchen.
    1. Antwort von andreas furrer  (andfurrer)
      @ hans ochsner: fragt sich einfach noch, wozu es uber dann noch braucht, unterwegs ist dann ja wohl niemand mehr.
    2. Antwort von Hans Ochsner  (Hans Ochsner)
      @ andreas furrer: Unterwegs ist dann niemand mehr wenn es führerlose Fahrzeuge gibt? Wo ist da die Logik?
    3. Antwort von andreas furrer  (andfurrer)
      @hans ochsner: wenn keine ahv mehr abgerechnet wird, kann da ja auch niemand mehr sein der sie bezahlt oder bezieht. uber funktioniert wie ein parasit der sich seines wirts schlussendlich entledigt.
  • Kommentar von Hans Ochsner  (Hans Ochsner)
    Anstatt dass der Staat dafür sorgt, dass die Fahrer ihre Sozialleistungen einfach und unkompliziert abrechnen können versucht man ein hoch innovatives und Effizienz steigerndes Unternehmen abzuwürgen. Da kann ich nur sagen: Sackschwach, völlig falsche Denkhaltung! Ganz nach dem Motto: Lieber wie bisher weiter wursteln, bis zum schlussendlichen Untergang.
  • Kommentar von Chris Casty  (chrcas82)
    Wird irgendeiner der für Uber tätigen Fahrer gezwungen, für Uber zu fahren? Es ist der Wille jedes einzelnen Chauffeurs, das Programm zu nutzen oder auch nicht. Das nennt man Marktwirtschaft: Angebot und Nachfrage bestimmen den Markt. Ich verstehe die ganzen Reklamationen nicht. Wahrscheinlich stehen"reguläre" Fahrer dahinter, die weiterhin mit ihren völlig überhöhten Preisen die Leute abzocken wollen. FAZIT: Lasst die, die für Uber fahren wollen, fahren. Es wird niemand gezwungen!!
    1. Antwort von andreas furrer  (andfurrer)
      @ chris casty: was würden sie als angemessenen lohn eines taxifahrers bezeichnen?
    2. Antwort von Hans Ochsner  (Hans Ochsner)
      @andreas furrer: Ueber die Angemessenheit des Lohnes eines Uber-Fahrers entscheiden all diejenigen welche mit Uber arbeiten selber. Wenn's weniger werden weil das Einkommen zu tief ist, dann steigen die Fahrpreise. Schon mal etwas von 'freiem Markt' gehört?? So und nur so spielt dieser!
    3. Antwort von andreas furrer  (andfurrer)
      @ hans ochsner: ich rede nicht von uberfahren - die machen das ja zum spass - sondern von taxifahrern, die in das hiesige sozialstem eingebunden sind und deren arbeits - und ruhezeiten streng reglementiert sind.
    4. Antwort von Chris Casty  (chrcas82)
      @ Andreas Furrer: Ich verstehe und akzeptiere Ihren Einwand. Wenn ich aber für eine 15 Minuten Taxifahrt (8Km) 50.- CHF bezahle, ist das definitiv zu viel. Ich verstehe, dass der Rückweg mit eingerechnet werden muss. Rechnen wir also 30Minuten = 100.- Ziehen wir die Sozialbeträge und die Kosten für das Auto ab, dann bleiben (mit grosszügigen Abzügen gerechnet) mindestens 50.-
    5. Antwort von andreas furrer  (andfurrer)
      @chris casty: sie beantworten meine frage nicht. und ich verstehe ihre rechnung nicht. sie bezahlen zeit und weg (plus ev. zuschläge). fahrer und auto machen das doppelt (hin und zurück), der betrag halbiert sich also (sie verdoppeln). aber noch einmal; was ist ihrer meinung nach ein fairer lohn für diesen job?
    6. Antwort von Chris Casty  (chrcas82)
      Sorry zur Rechnung. Hin- und Rückweg: 30 Minuten = 50.- Stundentarif: 100.- CHF Der Lohn für den Fahrer (Netto) gehört meiner Meinung nach irgendwo um den Mindestlohn herum. Begründung: Keine Ausbildung notwendig. Ein LKW Fahrer bekommt auch nicht mehr, und dem seine Ausbildung ist deutlich anspruchsvoller.
    7. Antwort von andreas furrer  (andfurrer)
      @ chris casty: für 800 km (das ist etwa das was man z.z. nachts pro woche während 57 stunden macht) rechnet man 2.70 pro kilometer. davon (also 2160) erhält der chauffeur maximal 47% (franken 1015) macht einen bruttostundenlohn von knapp 18 franken. die tarife werden von den gemeinden bestimmt. über all das kann man diskutieren, genauso wie über das geschäftsmodell von uber.