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Ein Smartphone mit der Uber-App.
Legende: Ein Gutachten der Universität Basel bezeichnet Uber-Fahrer als Angestellte und nicht als Selbstständige. Keystone

Schweiz Druck auf Uber Schweiz nimmt zu

Fehlende Sozialleistungen und unklare Anstellungsverhältnisse: Das Geschäftsmodell des US-Mitfahrdienst Uber steht in der Schweiz seit längerem in der Kritik. Ein Gutachten der Universität Basel nimmt Uber nun in die Pflicht – zur Freude der Gewerkschaften.

Den Schweizer Markteintritt und den darauffolgenden Geschäftsverlauf hat sich Uber mit Sicherheit besser vorgestellt. Statt Wachstum und höheren Gewinnen, sieht sich der Schweizer Ableger des US-Mitfahrdienstes seit Monaten mit einer juristischen Auseinandersetzung mit den Sozialversicherungsbehörden im Streit um den arbeitsrechtlichen Status seiner Fahrer konfrontiert – und jetzt droht Uber im schwelenden Arbeitskonflikt eine neue Sturmfront: Diesmal vonseiten der Unia.

Die Gewerkschaft beauftragte die juristische Fakultät der Universität Basel unter der Leitung von Professor Kurt Pärli, das erste Rechtsgutachten zur «Digital Economy» zu erstellen und dabei insbesondere offene arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Fragen im «Fall Uber» zu beurteilen.

«Scheinselbstständigkeit» der Uber-Fahrer

Darin kommt Gutachter Pärli nun zu einem klaren Verdikt: Der Professor der Universität Basel bezeichnet das Auftragsverhältnis zwischen Uber und den Uber-Fahrern als «Scheinselbstständigkeit».

Daher seien die Uber-Fahrer als «Arbeitnehmer» des US-Technologieunternehmens zu taxieren. Der Grund: «Die Ausgestaltung des Entschädigungssystems zeigt, dass im Ergebnis eine entgeltliche Arbeitsleistung vereinbart wurde.»

Uber muss für Sozialversicherungskosten aufkommen

Zudem seien Uber-Fahrer auch deshalb Arbeitnehmer, weil der Arbeitgeber ihnen «Vorschriften zur Präsenzpflicht» mache, welche eine andere Erwerbstätigkeit in dieser Zeitspanne ausschliesse. So würden Uber-Fahrer, die in wiederkehrenden Abständen elektronische Fahranfragen ablehnten, vom Schweizer Ableger des US-Konzerns nicht mehr als Chauffeur berücksichtigt.

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Ausserdem sehe der Uber-Nutzungsvertrag eine automatische Beendigung der Zusammenarbeit vor, wenn die Fahrer während 90 Tagen keine Taxifahrt mehr ausführen. Damit aber nicht genug: Weil es sich bei den Uber-Fahrern um Arbeitnehmer handle, habe der US-Mitfahrdienst für die Sozialversicherungsbeiträge der Fahrer aufzukommen.

Unia will weiter kämpfen

Die Unia reagiert erfreut auf die Ergebnisse des Gutachtens und sieht sich in ihrer Forderung bestärkt, dass gegen das Uber-Geschäftsmodell weiter vorgegangen werden müsse. «Das Rechtsgutachten stellt nochmals deutlich klar, dass Uber seine Stellung als Arbeitgeber nicht mehr bestreiten kann und dass es sich bei Uber-Fahrern um Scheinselbstständige handelt».

Deshalb sollte das Gutachten für die kantonalen Behörden Anlass genug sein, zügig griffige Massnahmen zu ergreifen, lässt die Unia weiter verlauten. Darüber hinaus werde man «genau prüfen, welche rechtlichen Schritte gegen Uber» eingeleitet werden könnten.

Spielt Gutachten das Zünglein an der Waage?

Tatsächlich könnte das von der Unia in Auftrag gegebene Gutachten die Entscheidung im Rechtsstreit zwischen Uber und den Schweizer Sozialversicherungsbehörden bei der Frage um den arbeitsrechtlichen Status der Uber-Fahrer herbeiführen.

Zur Erinnerung: Die Sozialversicherungsanstalt Zürich (SVA) und die Schweizerische Unfallversicherung Suva sind zur Überzeugung gelangt, dass es sich bei den Uber-Fahrern um Angestellte des US-Taxiunternehmens handelt.

Aus diesem Grund stellte die SVA dem Unternehmen ausstehende Sozialversicherungsbeiträge für Uber-Fahrer in Rechnung – mit der Aufforderung, diese zu begleichen. Das Taxiunternehmen seinerseits setzte sich gegen den Zahlungsbefehl mit juristischen Mitteln zur Wehr.

Niederländisches Recht als Ausweg für Uber

Uber weht in der Schweiz ein eisiger Wind entgegen. Dennoch könnte sich der Technologiekonzern im Kampf um die arbeitsrechtliche Frage seiner Chauffeure aus der juristischen Umklammerung befreien: Dank der sogenannten «Schiedsgerichtsklausel» – denn die komplexen und weit verzweigten Uber-Verträge sehen vor, dass Rechtsstreitigkeiten «ausschliesslich niederländischem Recht» unterstehen und somit sämtliche Rechtsstreitigkeiten in Amsterdam und in englischer Sprache auszutragen seien.

Gutachter Pärli bezeichnet die Klausel als rechtsgültig – auch wenn sich Uber-Fahrer mit Unterzeichnung dieser Verträge in eine «ungünstige Lage» manövrierten und faktisch auf ihren Rechtsschutz verzichten. Allerdings empfiehlt er, den Passus vor einem Schweizer Gericht überprüfen zu lassen.

Uber-Schweiz-Chef Rasoul Jalali sieht das Gutachten derweil gelassen: «Das Rechtsgutachten bringt keine überzeugenden Argumente zum Status der Fahrer», erklärt Jalali. Vielmehr werde auf «allgemeine Vorwürfe gegenüber Uber» ausgewichen. Die endgültige Entscheidung werde schliesslich ein Richter treffen.

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