Alt Bundesrätin Ruth Metzler kandidiert als Präsidentin von Swiss Olympic. Sie wäre die erste Frau an der Spitze des Schweizer Sports. Im «Tagesgespräch» gibt sie ihr erstes Interview zu ihrer Kandidatur.
SRF News: Swiss Olympic ist der Dachverband des Schweizer Sports und das Nationale Olympische Komitee. Was reizt Sie an diesem Amt?
Ruth Metzler-Arnold: Es ist eine strategische Führungsfunktion mit einer Vielfalt an Aufgaben und involvierten Verbänden. Man engagiert sich für die ganze Schweiz, für verschiedenste Sportarten. Und wenn man schaut, was ich schon alles gemacht habe in meinem Leben, dann kommt dieses Engagement immer wieder.
Sie sind aber eine Frau aus Politik und Wirtschaft und kommen nicht aus dem Sport wie Ihre beiden Kontrahenten Markus Wolf (ehemaliger Direktor Swiss Ski) und Sergej Aschwanden (ehemaliger Judoka). Wieso sollen die Sportverbände Sie wählen?
Es braucht nicht in erster Linie spezifisches Fachwissen in dieser Position. Das Expertenwissen ist primär in den Fachverbänden, im Exekutivrat oder in der Geschäftsstelle vorhanden. In meiner Beurteilung braucht es für das Präsidium ein Netzwerk in Politik und Wirtschaft, und das bringe ich mit. Es geht darum, Beziehungen zu nutzen, um Projekte voranzutreiben.
Es wurde bisher verpasst, den Sport enger mit der Wirtschaft oder der Wissenschaft zu verknüpfen.
Aber dazu muss man doch die Bedürfnisse der Sportlerinnen und Sportler kennen?
Sicher. Ich habe bisher keine Medieninterviews gegeben, weil ich die Zeit nutzen wollte, um die Verbände kennenzulernen. Das ist wichtig. Aber danach braucht es ein Netzwerk, um Dinge umzusetzen. So wurde es bisher zum Beispiel verpasst, den Sport enger mit der Wirtschaft oder der Wissenschaft zu verknüpfen.
Wie entstehen neue Ideen? Indem die Leute miteinander ins Gespräch kommen.
Was heisst das konkret: Wie soll der Sport verstärkt mit der Wirtschaft zusammenarbeiten?
Einerseits geht es darum, wie die Wirtschaft gerade auch bei Grossanlässen mehr Geld als bisher beisteuern kann. Es geht aber auch um den Austausch. Wenn ich an einem Wirtschaftsanlass bin, dann sehe ich nie Exponenten des Sports, das ist ein Fehler. Der Sport ist auch ein Wirtschaftsfaktor. Wie entstehen neue Ideen? Indem die Leute miteinander ins Gespräch kommen.
Man könnte auch Sportlerinnen und Funktionäre an diese Anlässe einladen, wozu braucht es da Sie?
Ich bin vernetzt in der ganzen Schweiz. Mein Bekanntheitsgrad ist meines Erachtens ein Plus, auch wenn er mir in meinem Privatleben nicht immer passt. Er hilft mir, Menschen zusammenzubringen.
Ich hätte verschiedene schwierigere Phasen in meinem Leben nicht so gut überstanden, wenn ich den Sport nicht gehabt hätte.
Schauen wir zurück: 2003 wurden Sie nach nur vier Jahren aus dem Bundesrat abgewählt. Ist die Erinnerung daran noch schmerzhaft?
Das ist weit weg. Wenn ich über den Bundesplatz gehe, löst das keine unguten Gefühle aus, auch wenn ich gerne länger Bundesrätin gewesen wäre. Der Sport hat mir damals viel gegeben. Ich hätte verschiedene schwierigere Phasen in meinem Leben nicht so gut überstanden, wenn ich den Sport nicht gehabt hätte. So habe ich im Jahr nach meiner Abwahl in New York meinen ersten Marathon absolviert.
Das Gespräch führte Simone Hulliger.