Jahrzehntelang blieb sein mutiger Widerstand im Schatten der Geschichte, nun erhält Maurice Bavaud in seiner Heimatstadt Neuenburg eine spezielle Anerkennung: Am Sonntag ist in der Nähe des Geburtshauses des verhinderten Hitler-Attentäters eine Gedenktafel enthüllt worden.
Die Stadt sowie das «Unterstützungskomitee Maurice Bavaud» würdigen damit einen Mann, der im Alleingang den Lauf der Geschichte verändern wollte – und dafür mit seinem Leben bezahlte.
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Bild 1 von 2. Die Gedenktafel für Maurice Bavaud, die heute in Neuenburg enthüllt worden ist. Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 2. 22 Jahre jung war Maurice Bavaud, als er nach Deutschland reiste. In seiner Jackentasche hatte er eine Pistole und Patronen. Bildquelle: Keystone / Filmkollektiv Zürich.
Maurice Bavaud, geboren 1916 in Neuenburg, war ein unscheinbarer Theologiestudent, als er sich 1938 in den Kopf setzte, Adolf Hitler zu töten. Er glaubte, dass der Tod des Diktators das Leid Europas beenden könnte. Ausgestattet mit einer Pistole und einer Mischung aus Idealismus und Verzweiflung reiste Bavaud nach Deutschland. Sein Ziel: Hitler während einer öffentlichen Veranstaltung zu erschiessen.
Ein dilettantischer Attentatsversuch
Am 9. November 1938, während des Gedenkmarsches zum Hitler-Putsch in München, positionierte sich Bavaud an der Tribüne. Doch als Hitler relativ nahe bei Bavaud war, ging ein Wald von Armen hoch, die den Diktator mit dem Hitlergruss begrüssten. Maurice Bavaud schoss nicht auf Hitler, weil er das Risiko eingegangen wäre, andere Menschen zu verletzen.
Wenige Tage später wurde Bavaud auf der Rückfahrt mit der Bahn verhaftet. Er hatte wegen Geldmangels kein gültiges Ticket mit dabei, und die Beamten entdeckten bei ihm die Pistole, mit der er Hitler hatte töten wollen. Nach einigen Tagen Haft legte Bavaud ein Geständnis ab. Es folgte ein kurzer Schauprozess, an dem Bavaud zum Tode verurteilt wurde. Am 14. Mai 1941 wurde er in Berlin-Plötzensee durch die Guillotine hingerichtet.
Die Schweizer Behörden wurden zwar über Bavauds Verhaftung informiert, aber sie wollten nicht eingreifen.
In seiner Heimat blieb sein Handeln lange unbeachtet, teils wegen des heiklen Themas, teils wegen der Neutralitätspolitik der Schweiz während des Zweiten Weltkriegs.
Wie der Neuenburger Historiker Marc Perrenoud gegenüber SRF erklärt, erhielt Bavaud von offizieller diplomatischer Schweizer Seite keinerlei Unterstützung: «Die Schweizer Behörden wurden zwar über seine Verhaftung informiert, aber sie wollten nicht eingreifen. So gab es beispielsweise keinen Vertreter der Schweizer Botschaft während des Prozesses.»
Gedenktafel als Teil einer breiteren Aufarbeitung
Die Enthüllung der Gedenktafel ist Teil einer breiteren Aufarbeitung. 1956 hatte Deutschland Bavaud rehabilitiert, 2008 tat die Schweiz dasselbe. Der damalige Bundesrat Pascal Couchepin kritisierte das Verhalten der Schweizer Behörden, die sich kaum für Bavaud eingesetzt hatten.
Die neue Gedenktafel ist nicht die erste Würdigung von Bavaud: Schon im Jahre 1998 wurde anlässlich seines 60. Todestages eine Gedenktafel an seinem Elternhaus in Neuenburg angebracht. 2011 wurde in Hauterive am Neuenburgersee eine Gedenkstelle zu Ehren von Maurice Bavaud eingeweiht – im Rahmen eines Bavaud-Symposiums.
Heute gilt der Neuenburger als einer der wenigen, die früh erkannten, welche Katastrophe Hitler über Europa bringen würde.