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Ein Fall für die Weko Uhren-Reparaturen: Überteuerte Preise und lange Wartezeiten

Seit Jahren schon ärgern sich Kunden über das Geschäftsgebahren grosser Uhrenkonzerne bei den Reparaturen.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Die grossen Player in der Uhrenbranche lassen ihre Kunden bei Reparaturen oft lange warten oder zwingen ihnen teure Revisionen auf.
  • Oft bleibt keine Alternative, denn die kleinen Uhrengeschäfte bekommen von den Grosskonzernen keine Ersatzteile.
  • SRF sprach mehrere grosse Hersteller auf das Problem an. Eine Antwort gab es nur von der Swatch Group. Man habe ein Netzwerk mit autorisierten Partnern. Und: «Präventive Zusatzinterventionen» seien teilweise nötig, auch wenn der Kunde deren Sinn nicht erkenne.
  • Wegen mehrerer Beschwerden hat sich unterdessen auch die Wettbewerbskommission des Themas angenommen.

Sechs Monate lang habe er einmal gewartet, bis ihm die Swatch Group eine Uhr repariert und zurückgeschickt habe, erzählt ein Uhrensammler aus dem Kanton Thurgau dem SRF-Konsumentenmagazin «Espresso».

Teurer Komplettservice, auch für kleine Schäden

Ein anderes Beispiel betrifft den Luxusgüter-Konzern Richemont, der unter anderem auch für die Reparatur von IWC-Uhren zuständig ist: «Ich wollte eigentlich nur das Glas einer IWC-Uhr ersetzen lassen. Es hatte einen kleinen Kratzer.» Richemont habe ihm aber mitgeteilt, das gehe nur im Rahmen eines Services für 290 Franken. Im Internet habe er gesehen, dass ein Ersatzglas lediglich etwa 10 Franken gekostet hätte.

Schon seit Jahren ärgern sich Kunden darüber, dass ihnen die grossen Player im Uhrengeschäft teure Komplettrevisionen aufzwingen, die ihrer Ansicht nach eigentlich gar nicht nötig seien. Einmal habe ihm ein Hersteller eine Vollrevision von über 1000 Franken aufzwingen wollen, sagt ein anderer Uhrensammler gegenüber «Espresso». Die Kunden haben oft keine Alternative und müssen dann die Kröte schlucken beziehungsweise das teure Gesamtpaket akzeptieren.

Uhrenateliers: Ohne Ersatzteile keine Arbeit und kein Einkommen

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Da Swatch, Richemont und Co. ihre Ersatzteile nicht herausrücken, können unabhängige Uhrmacher und Uhrengeschäfte auch nicht in die Bresche springen und die Uhr zu günstigeren Konditionen reparieren. Mit ein Grund dafür, dass in den letzten Jahren viele kleine Uhrenateliers schliessen mussten.

Verband bemüht sich um eine Lösung

Der Branchenverband der Schweizer Goldschmiede und Uhrenfachgeschäfte (VSGU) bemüht sich derweil seit Jahren um eine Lösung des Problems. Sein Vorschlag: Die grossen Fabrikanten könnten unabhängige Uhrmacher, welche ihren Qualitätsansprüchen genügen, zertifizieren. Und wer ein solches Zertifikat besitzt, würde auch mit den nötigen Ersatzteilen beliefert. «Das würde vor allem die Jungen wieder mehr motivieren, dieses schöne Handwerk zu lernen», ist VSGU-Präsident André Hirschi überzeugt. Und Kunden könnten von tieferen Preisen, kürzeren Wartezeiten und wohl auch einer besseren Qualität profitieren. Denn eine gute Qualität sei jetzt nicht immer garantiert, sagen Kunden.

Swatch: «Präventive Zusatzinterventionen»

«Espresso» hakt bei mehreren grossen Herstellern nach. Eine Antwort gibt es nur von der Swatch Group. Swatch schreibt, man habe in den letzten Jahren mit rund 800 Partnern ein schweizweites Netzwerk aufgebaut. Diese Partner seien autorisiert, «unter festgelegten Rahmenbedingungen» dezentral Reparaturen an Swatch-Uhren durchzuführen. Den Vorwurf, die Preise seien überteuert, weist Swatch zurück. Oftmals seien «präventive Zusatzinterventionen» nötig, deren Sinn der Endkunde nicht erkenne. Längere Wartezeiten seien hingegen möglich bei grösseren Komplikationen bei mechanischen Uhren.

«Am Ende sind die Konsumenten die Verlierer»

Ein Insider der Uhrenbranche sagt gegenüber «Espresso» zum erwähnten Swatch-Netzwerk: Die meisten dieser Partner seien nur autorisiert, um kleine Reparaturen auszuführen. Bei grösseren Problemen käme wieder die Zentrale ins Spiel. Andere grosse Player wie zum Beispiel Breitling hätten die Reparaturen unterdessen schon ganz unter ihre Fittiche genommen. Vor wenigen Jahren habe es noch einen freien Markt für Ersatzteile aller Art gegeben. Heute nicht mehr. Wenn ein unabhängiger Uhrmacher Ersatzteile wolle, bleibe ihm nur die Möglichkeit, diese übers Internet zu bestellen, zum Beispiel in Deutschland. Dort seien die Teile aber sehr teuer, so dass sich das für den Uhrmacher oft gar nicht lohne. Deshalb sieht der Insider auch schwarz für die kleinen Uhrmachergeschäfte – und für die Konsumenten: «Sie sind am Ende die Verlierer.»

Die Wettbewerbskommission prüft ein Verfahren

Wegen mehrerer Beschwerden hat sich unterdessen auch die Weko, die Wettbewerbskommission, des Themas angenommen. Man sei zurzeit an den Vorabklärungen, sagt ein Sprecher. Noch in diesem Jahr wolle man entscheiden, ob es zu einem Verfahren gegen die Uhrenhersteller komme oder nicht.

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