Die Stadt Freiburg soll verlangsamt werden. Auf drei Vierteln der Strassen in der Innenstadt soll Tempo 30 gelten, so das Ziel der Freiburger Regierung. Doch die Massnahme sorgt für Kritik – auch von den Freiburger Verkehrsbetrieben TPF.
Die Freiburger Verkehrsbetriebe kritisieren, ihre Busse würden durch die Temporeduktion wertvolle Zeit verlieren. Einmal auf einer Linie hin- und zurückzufahren dauere nun bis zu drei Minuten länger. «Das tönt für Aussenstehende nach wenig», bestätigt Serge Collaud, TPF-Generaldirektor. «Aber wir berechnen den Takt unserer Busflotte sehr eng.» Der Fahrplan könnte dadurch nicht mehr eingehalten werden.
Die Folge: Die TPF bräuchten mehr Busse und mehr Fahrerinnen und Fahrer. Das ist natürlich nicht gratis. Mit Kosten von zwei bis drei Millionen Franken rechnet die TPF jährlich.
Der ÖV muss attraktiv bleiben. Dem ist nicht so, wenn er langsamer wird.
Die Einführung von Tempo-30-Zonen in Freiburg ist also eine teure Sache für den ÖV – jedenfalls laut der eigenen Einschätzung von der TPF. Die Verkehrsbetriebe haben ihre Position bei der Vernehmlassung zur geplanten Tempo-30-Zone dementsprechend dargelegt.
Weniger Verkehr dank Tempo 30?
Für den Freiburger Gemeinderat Pierre-Olivier Nobs geht die Rechnung der Verkehrsbetriebe nicht auf. Man sehe bei anderen Städten, die bereits verlangsamt hätten, dass der Verkehr dafür flüssiger vorwärtskomme. «Wir können auch auf verschiedene Ampeln verzichten – da verlieren die Busse jeweils am meisten Zeit.» So profitiert laut der Stadt auch der ÖV.
Mit Tempo 30 können wir auf gewisse Ampeln verzichten. Davon profitieren alle.
Besonders zu Stosszeiten könne es tatsächlich sein, dass die Busse nicht langsamer unterwegs seien, gibt TPF-Generaldirektor Collaud zu. Die Busse fahren aber den ganzen Tag, unter dem Strich seien sie trotzdem länger unterwegs.
Weitere ÖV-Betriebe kämpfen gegen Tempo 30
Auch in anderen Städten sorgt die Temporeduktion für Diskussionen. In der Stadt Zürich gilt auf rund der Hälfte aller Strassenkilometer mittlerweile Tempo 30. Das macht dem Zürcher Verkehrsverbund ZVV Sorgen, wie er auf seiner Internetseite schreibt: «Das Lärmschutzinteresse der Bevölkerung ist ausgewiesen und unbestritten. Doch die Auswirkungen von Temporeduktionen auf den öffentlichen Verkehr sind beträchtlich: Fahrzeiten und Reiseketten verlängern sich.»
Dieser Problematik ist sich die Kantonsregierung bewusst. Eine Wirkungsanalyse zeigt: Busse haben tatsächlich länger in Tempo 30 Zonen. «Auf Verlustzeiten beim öffentlichen Verkehr müssen wir besonders achten, denn auch ein attraktiver, gut genutzter ÖV trägt zur Reduktion des Strassenlärms bei», sagte Regierungsrätin Carmen Walker Späh im Rahmen der Wirkungsanalyse im Juli 2020. Man behalte das Problem im Auge.
Gibt es eine Lösung?
In Bern gibt es ebenfalls viele Tempo-30-Zonen. Bernmobil teilt auf Anfrage von SRF mit, bisher seien dem Verkehrsunternehmen jedoch keine zusätzlichen Kosten entstanden. Aber exakte Messungen stünden noch aus.
Laut Bernmobil gibt es allerdings eine Möglichkeit, wie trotz 30er-Zone die Busse nicht viel Zeit verlieren: sogenannte Beschleunigungsmassnahmen. Separate Busspuren, weniger Lichtsignale oder die Priorisierung von Bussen an Kreuzungen beispielsweise könnte laut dem Verkehrsunternehmen in der Stadt Bern helfen. Denn auch Bernmobil betont: «Wichtig ist, dass der ÖV durch steigende Fahrzeiten nicht an Attraktivität einbüsst.»