Die Gesundheitskosten steigen stetig, die Prämien sind hoch. Nach Jahren der Blockade und der Mini-Reformen ist das Parlament nun an einem grösseren Wurf: Alle Gesundheitsleistungen sollen gleich finanziert werden – egal, ob sie zu Hause durch die Spitex, im Spital oder in der Arztpraxis erbracht werden.
Die schon 14 Jahre alte Idee biegt jetzt in die parlamentarische Schlusskurve ein. Änderungen wecken aber auch Befürchtungen: So gelangten Patienten- und Konsumentinnenschutz-Organisationen ans Parlament. In einem Schreiben, das SRF vorliegt, bitten sie darum, die Reform abzulehnen, da der Wechsel zur einheitlichen Finanzierung die Prämien weiter verteuere. Auch der Krankenkassenverband santésuisse beurteilt die Reform kritisch.
Die Berichte haben klar aufgezeigt, dass es mit EFAS keine Mehr- sondern eine Minderbelastung gibt.
Der Ständerat war sich in der Debatte über die einheitliche Finanzierung, kurz EFAS, sehr bewusst, dass die Reform noch scheitern könnte. Doch Gesundheitspolitiker Erich Ettlin (Mitte) winkte ab: «Die Berichte haben klar aufgezeigt, dass es mit EFAS keine Mehr-, sondern eine Minderbelastung gibt.» Bereits in fünf Jahren sollte demnach die Prämienbelastung spürbar abnehmen, da sich die Kantone neu an allen Kosten beteiligen.
Heute spielt es eine Rolle, wo jemand behandelt wird: Im Spital mit Übernachtung teilen sich Kantone und Kassen die Kosten etwa hälftig. Ohne Übernachtung oder in der Praxis geht die Rechnung an die Kasse und schlägt voll auf die Prämien.
Weniger Fehlanreize
In der Pflege – ob zu Hause oder im Heim – ist es noch einmal anders. Das führt zu Fehlanreizen, welche die Reform beseitigen möchte. Hannes German (SVP/SH) betont, dass die Grenze zur Pflege völlig fliessend sei und deshalb richtigerweise aus einer Hand betrachtet werde: «So gibt es keine Fehlanreize, Leute länger im Spital zu behalten oder möglichst schnell rauszuwerfen.»
Künftig sollen sich Kantone und Krankenkassen überall beteiligen – die Kantone mit rund 30 Prozent, die Krankenkassen mit rund 70 Prozent. Über 20 Gesundheitsverbände begrüssen die Reform. Darunter die FMH, Spitex, die Spitäler & Pflegeheime sowie der Krankenkassen-Verband curafutura.
Referendumsdrohung
Druck aus Parlament kommt auch von den Gewerkschaften, die mit dem Referendum drohen. So befürchtet der VPOD, dass mit einem Einbezug der Pflege der Druck aufs Personal wächst. Peter Hegglin (Mitte/ZG) warnte: «Es wäre nichts gewonnen, wenn die Vorlage mit einer für die Kantone maximalen Lösung durchs Parlament kommt, dann aber vor dem Volk auf Grund läuft.»
Hegglin versuchte, bei zwei strittigen Punkten einen Kompromiss zu schmieden und dem Nationalrat entgegenzukommen, der die Pflege bereits grundsätzlich in der Vorlage aufgenommen hat: Doch der Ständerat blieb bei seiner Haltung, dass die Gepflegten weiterhin einen Beitrag an die Pflegekosten leisten müssten. Der Nationalrat wollte diesen ganz den Kantonen übertragen. Laut Ständerat wären dies zusätzliche Kosten von einer halben Milliarde Franken.
Ferner votierte Hegglin für eine längere Übergangsfrist, bis die Pflege in die einheitliche Finanzierung einbezogen wird. Der Nationalrat macht die Umsetzung der Pflege-Initiative zur Bedingung dafür. Doch auch hier beharrte der Ständerat auf seiner Position. Das macht die Ausgangslage für das Reformprojekt unberechenbar. Sie geht nun wieder an den Nationalrat. Ziel ist eine Einigung vor Weihnachten.