Es waren drei katastrophale Monate für die Schweizer Exportindustrie. Und eine persönliche Niederlage für Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter. Mit 39 Prozent wurde die Schweiz ausgerechnet am Nationalfeiertag von US-Präsident Donald Trump so hart abgestraft wie kein anderes Industrieland weltweit.
Keller-Sutter, die lange noch der Meinung war, die Schweiz und die USA seien trotz Trump immer noch Sister Republics, wurde bitter enttäuscht. Selten hat ein Bundesratsmitglied im Präsidialjahr einen solchen Misserfolg einstecken müssen. Auch wenn Trump der Ursprung dieser Niederlage war, nicht die Bundesrätin.
Parmelins Grosserfolg vor dem Präsidialjahr
Für Guy Parmelin hingegen ist es ein Grosserfolg kurz vor seinem zweiten Präsidialjahr. Er hat die entscheidenden Gespräche mit dem US-Handelsbeauftragten Jamieson Greer erfolgreich ins Ziel geführt. Dem Vernehmen nach könnte auch Persönliches eine nicht zu unterschätzende Rolle gespielt haben. Während die Chemie zwischen Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter und US-Präsident Donald Trump offensichtlich nicht stimmte, sollen sich Parmelin und Greer gut verstanden haben. Greer, der in Paris studiert hat, habe sich immer gefreut, mit Parmelin Französisch sprechen zu können.
Parmelin, der in der Deutschschweiz in den vergangenen Jahren immer etwas unterschätzt, ja teilweise belächelt wurde, ist plötzlich der starke Mann im Bundesrat, der die Exportindustrie und damit Tausende von Arbeitsplätzen gerettet hat.
Besuch der Milliardäre war entscheidend
Allerdings hatte Parmelin Unterstützung von Schweizer Unternehmern, deren Vorgehen innenpolitisch nicht kritikfrei blieb. Erst der Besuch der milliardenschweren Firmenchefs letzte Woche im Oval Office und die sehr teuren Geschenke in ihrem Gepäck brachten eine neue Dynamik in die festgefahrenen Zollverhandlungen. Trump interessierte sich plötzlich wieder für das Schweizer Angebot.
Keine Kosten für den Bund
Sehr viel grössere Konzessionen an die USA musste die Schweiz dabei nicht mehr eingehen. Die Investitionsversprechen der Schweizer Unternehmen fallen mit 200 Milliarden um 50 Milliarden Dollar höher aus als im ersten Angebot. Die Schweizer Firmen müssen diese Summe auch schnell investieren. Doch den Bund kostet das alles nichts.
Alles unverbindlich
Der einzige Haken für Wirtschaftsminister Parmelin: der «Deal» mit den USA ist bis jetzt nichts anderes als eine rechtlich völlig unverbindliche Absichtserklärung. Innerhalb weniger Monate soll daraus ein Abkommen werden, das auch noch durch das Parlament kommen und allenfalls eine Volksabstimmung überstehen muss. Die Zugeständnisse bei den Lebensmittelimporten könnten politisch auf Widerstand stossen. Etwa dann, wenn die USA auch den Import von chlorbehandelten Poulets verlangen sollten.
Dass dieser «Deal» mit Trump bei der Stimmbevölkerung am Ende eine Mehrheit finden wird, ist nicht sicher. Laut verschiedenen Umfragen findet eine Mehrheit, die USA-Politik des Bundesrates falle zu freundlich aus.