«Im Durchschnitt machen wir monatlich etwa 65'000 Franken Umsatz. Jetzt haben wir allein im März ein Drittel mehr erzielt. Für April rechnen wir sogar mit einem Plus von 50 Prozent», erklärt Roland Hollenstein. Er präsidiert die Genossenschaft Dorfmarkt Guntershausen im Kanton Thurgau mit 200 Mitgliedern.
In der Regel kann Hollenstein von solchen Zahlen nur träumen. Nun hätten die Menschen im Dorf, das politisch zu Aadorf (TG) gehört, den Wert eines eigenen Ladens wiederentdeckt. «Sie merken unmittelbar, was es bedeutet, eine funktionierende Versorgung in unmittelbarer Nähe zu haben.»
Leute kaufen gezielter ein
Selbst in guten Zeiten kann sich der Laden finanziell nur knapp über Wasser halten. Die Corona-Krise habe das Konsumverhalten völlig verändert. Die Kundinnen und Kunden kauften deutlich mehr Fleisch, Fisch, Backwaren, Getränke – und natürlich Toilettenpapier.
Cécile Radoia leitet den Prima-Laden in Guntershausen, der zur Volg-Gruppe gehört. Die Geschäftsführerin spürt, dass sich ihre Kunden öfters zuhause verpflegen. «Die Leute kaufen weniger wahllos, sondern gezielt Zutaten, die sie für ihr Rezept brauchen.» Kein Wunder, dass Zucchetti, Blumenkohl und anderes frisches Gemüse reissenden Absatz finden.
Volg gewinnt neue Kunden
Einen Boom verspürt auch die Volg-Filiale im benachbarten Aadorf (TG) «Wir machen bedeutend mehr Umsatz, sagt Ladenleiterin Melanie Horath. «Nicht nur zu Stosszeiten läuft mehr. Wir haben nicht nur unsere Stammkundschaft, sondern auch neue Kunden hinzugewonnen».
Detaillierte Zahlen kommuniziert die Volg-Zentrale keine, spricht aber von deutlich gestiegenen Umsätzen in den fast 590 Volg-Dorfläden in der ganzen Schweiz.
Auch die Atmosphäre zählt
In Winterthur führt Alina Frölicher den Dorfladen Sennhof. Auch bei ihr gehen mehr Lebensmittel über die Theke als vor der Corona-Krise. Dafür ist der Umsatz in der Café-Ecke deutlich zurückgegangen. «Unter dem Strich ist er praktisch gleichgeblieben», sagt die junge Unternehmerin.
Weil es den Kaffee derzeit nur zum Mitnehmen gebe, falle der Schwatz am Tisch halt weg. «Die Leute sollten möglichst schnell wieder rausgehen, damit die nächsten hinein können.» Aber Kunden wie Urs Jucker hält dies nicht ab, dem Geschäft die Treue zu halten: «Der Laden ist wichtig für den Zusammenhalt, man kennt sich, er ist nahe und praktisch.»
Auch Michael Wüthrich geniesst den Kaffee im Kartonbecher. «Ich komme jeden Morgen auf einen Kaffee hierher und trinke ihn im Freien.» Auch dafür ist der Dorfladen da – er schafft Nähe und etwas Atmosphäre in Zeiten, wo physische Distanziertheit den Alltag diktiert.