Am Donnerstag noch, im Restaurant des Parlamentsgebäudes, war die Stimmung ausgelassen, als Nationalratspräsident Martin Candinas die Mitglieder beider Räte zu einem letzten Apéro zum Abschluss der Legislatur einlud:
Fraktionsübergreifend lagen sich die politischen Gegnerinnen und Gegner für einmal in den Armen und schwangen das Tanzbein zur Musik der Band «Fraktionszwang».
Am Freitagmorgen dann war für acht Mitglieder des Ständerats der Moment des Abschieds gekommen. «Nur vier Jahre sind vergangen, aber was für Jahre!», rief Ständeratspräsidentin Brigitte Häberli-Koller in den Saal.
Im Moment spüre ich vor allem Wehmut, ab morgen dann auch Erleichterung.
Nach Jahren, teilweise sogar Jahrzehnten, aus dem Parlament abzutreten, war für die Betroffenen mit grossen Emotionen verbunden. Der Solothurner Roberto Zanetti von der SP zum Beispiel sass 24 Jahre lang zuerst im Nationalrat und dann im Ständerat und spürte in erster Linie eines: «Im Moment vor allem Wehmut, ab morgen dann auch Erleichterung. Im Moment ist es schon ein bisschen emotional.»
Mehr Kontrolle über die eigene Agenda
Parteikollege Hans Stöckli, Ständerat aus dem Kanton Bern, geht nach 19 Jahren mit einem weinenden und einem lachenden Auge: «Ich habe die Qualität verloren, direkt an der Gestaltung unseres Landes mitzuwirken. Ich habe aber viel Freiheit gewonnen: Ich kann jetzt mehr selbst über meine Agenda und mein Leben verfügen.»
Das sieht auch SVP-Ständerat Alex Kuprecht aus dem Kanton Schwyz so, der eine lange politische Karriere zu einem Abschluss bringt: «Ich war jetzt 33 Jahre, also mein halbes Leben, in einem Parlament.» Über die Jahrzehnte hätten andere Menschen zurückstecken müssen. «Jetzt ist es an der Zeit, etwas zurückzugeben. Primär meiner Frau, aber auch meinen beiden Söhnen und vor allem meiner Enkelin.»
Ehrlicherweise sind 20 Jahre Bern genug.
Er sei schon etwas traurig, sagte auch der Zürcher FDP-Ständerat Ruedi Noser beim Abschied. «Aber ehrlicherweise sind 20 Jahre Bern genug.»
Diese Ständeräte und Ständerätinnen treten nicht mehr an
Drüben im Nationalrat eröffnete Martin Candinas als Nationalratspräsident die letzte Sitzung der 51. Legislatur. Auf nicht weniger als 29 Kolleginnen und Kollegen hielt er eine Laudatio.
Schon ein besonderer Moment, sagte Candinas danach: «Man verabschiedet gute Kolleginnen und Kollegen. Menschen, die sich nach bestem Wissen und Gewissen für unser Land eingesetzt haben.» Jede und jeder habe dies nach seiner eigenen politischen Couleur gemacht, so der Bündner Mitte-Politiker weiter. «Jeder Mensch war wichtig. Und so war es mir auch wichtig, jeden als Individuum und auch als Freund anzuschauen.»
Es ist ein Gefühl der Dankbarkeit, dass ich 20 Jahre unserem schönen Land dienen und mithelfen konnte.
Er gehe mit Wehmut, sagt SVP-Nationalrat Walter Wobmann, der nach 20 Jahren seine Karriere im Nationalrat beendet: «Es ist ein Gefühl der Dankbarkeit, dass ich 20 Jahre unserem schönen Land dienen und mithelfen konnte, die Zukunft und unsere Gesellschaft mitzugestalten.»
Und für Nationalrätin Ida Glanzmann war es gleich ein doppelt emotionaler Tag. Denn die Mitte-Politikerin feiert auch noch ihren 65. Geburtstag. «65 Jahre und 17 davon im Parlament. Das alles zusammen ist etwas viel.» Die Parlamentsarbeit sei eine grosse Lebensschule gewesen, bilanzierte Glanzmann. «Man muss offen sein und vieles zulassen können.»
Dann verliessen die 246 Mitglieder das Parlament. Für manche von ihnen wird es unfreiwillig der letzte Tag gewesen sein, wenn sie die Wählerinnen und Wähler am 22. Oktober nicht mehr im Amt bestätigen.