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Entscheid des Bundesrats Kein Ständemehr für EU-Verträge: So reagieren die Parteien

Von «schockiert» bis «kohärent»: In Bundesbern sorgt der Entscheid erwartungsgemäss für unterschiedliche Reaktionen.

Über die neuen Verträge zwischen der Schweiz und der EU soll nur das Volksmehr entscheiden – ein Ständemehr brauche es nicht, findet der Bundesrat. Er spricht sich also für ein fakultatives Referendum aus.

Bei einem obligatorischen Referendum bräuchte es für eine Zustimmung ein doppeltes Ja von Volk und Ständen. Ein solches hatten insbesondere Gegnerinnen und Gegner des neuen Vertragspakets gefordert. Die Hürde für ein Ja zu den Verträgen wäre dann nämlich weit höher. Über die Abstimmungsmodalitäten entscheidet letztlich das Parlament.

Wut bei der SVP

Bei den Parteien fallen die Reaktionen auf den Entscheid unterschiedlich aus. Kritik kommt heute von rechten Politikerinnen und Politikern – allen voran aus der SVP. Gegenüber SRF zeigt sich SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi «schockiert» über den Entscheid des Bundesrats.

Kompass-Initiative pocht auf doppeltes Ja

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Mit einem Volks- und Ständemehr zu den EU-Verträgen vorausschauend Rechtssicherheit schaffen: Das fordert das Komitee, das vor gut einem halben Jahr die Kompass-Initiative lanciert hat. Die Initiative könnte noch im Sommer eingereicht werden.

Das im Herbst 2024 lancierte Volksbegehren verlangt unter anderem, völkerrechtliche Verträge, die eine Übernahme von wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen vorsehen, Volk und Ständen zur Genehmigung vorzulegen. Mit einem obligatorischen Referendum ist die Hürde für die Zustimmung zum Vertragswerk höher.

Vor den Medien machten die Initiantinnen und Initianten am gestrigen Dienstag in Bern Druck für das Ständemehr: Unter der Voraussetzung, dass sich Bundesrat und Parlament für das doppelte Ja zu den EU-Verträgen einsetzen und Volk und Stände dieses annehmen, sind sie zum Rückzug ihres Begehrens bereit.

Das Vertragswerk stehe gemäss mehreren Urteilen des Bundesgerichts über der Schweizer Verfassung. «Es ist nicht nachvollziehbar, dass es hier kein obligatorisches Referendum geben soll», kritisiert Aeschi. «Es schürt die Wut im Volk, wenn man versucht, es auszutricksen. Es wird an der Urne entschieden Nein sagen.»

SP begrüsst Entscheid

SP-Präsident Cédric Wermuth nimmt den Entscheid des Bundesrats «relativ emotionslos zur Kenntnis», wie er gegenüber SRF sagt. «Mit diesem Entscheid haben wir gerechnet. Die Verfassung ist hier unseres Erachtens eindeutig. Es ist die einzig richtige und die einzig demokratische Antwort.» Diesen Standpunkt werde die SP auch im Parlament vertreten.

Grüne zufrieden mit Entscheid

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Auch die Grünen begrüssen gemäss Mitteilung den Entscheid des Bundesrats, die EU-Verträge dem fakultativen Referendum zu unterstellen. «Die Verfassung ist eindeutig – ein obligatorisches Referendum ist hier nicht vorgesehen», wird Nationalrätin Sibel Arslan (BS) zitiert.

Das Volksmehr garantiere, dass jede Stimme gleich viel Gewicht habe, so der SP-Nationalrat – und weil die EU-Verträge alle gleichermassen betreffen würden, sei es auch gerechtfertigt, den Entscheid ausschliesslich auf das Volksmehr abzustützen. «Die Chancen für einen fairen Abstimmungskampf steigen dadurch.»

Für GLP hält Bundesrat Kurs, FDP wartet ab

Für die Grünliberale Partei schreibt Fraktionspräsidentin und Nationalrätin Corina Gredig (ZH) auf X, der Bundesrat halte Kurs, und das sei richtig. Das fakultative Referendum wahre die Linie der bisherigen Europapolitik. Ein sachlicher Entscheid im Interesse von Sicherheit, Wohlstand und Verlässlichkeit sei gefragt.

FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt spricht gegenüber SRF von einem erwartbaren Entscheid der Landesregierung. «Sobald die Botschaft des Bundesrats vorliegt, werden wir uns dazu positionieren.» Bei der Frage, ob Ständemehr oder nicht, wirkten auch politische und nicht nur verfassungsrechtliche Erwägungen hinein.

EU-Flagge vor Auto beim Bundeshaus.
Legende: Lediglich das Volk, aber nicht die Stände sollen sich zum Vertragspaket mit der EU äussern können, findet der Bundesrat. Keystone/Anthony Anex

Letztlich müsse das Vertragspaket so gut sein, dass man eine respektable Mehrheit in der Bevölkerung davon überzeugen könne, so der Zürcher FDP-Mann. «Je nach dem, wie das Abkommen aussehen wird, kann es sein, dass der Entscheid der FDP anders als derjenige des Bundesrats ausfallen wird.»

Referendum gilt als gesichert

Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (BL) hält auf X fest, die Landesregierung setze auf Kontinuität und Kohärenz. Zudem bleibe der Spielraum für Parlament und Kantone erhalten.

Das neue EU-Vertragspaket soll in vier Vorlagen aufgeteilt werden. Gegen jede Vorlage kann einzeln das Referendum ergriffen werden. Das heisst, es müssen je 50'000 Unterschriften gesammelt werden, damit es zu einer Volksabstimmung kommt. Dies gilt allerdings als sicher.

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SRF 4 News, 30.4.2025, 16 Uhr ; 

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