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Entscheid des Nationalrats Gratistests: Ein teurer Weg in der Hoffnung auf mehr Sicherheit

Es war ein Erst-August-Feuerwerk der speziellen Sorte, das Bundespräsident Guy Parmelin vor ziemlich genau vier Monaten zündete: Wer keine Symptome habe, solle für Covidtests selber bezahlen. Es dürfe nicht sein, dass die Allgemeinheit bezahlen müsse für jene, die sich nicht impfen lassen wollten. Dem schloss sich der Bundesrat an – unter Applaus oder mindestens mit schweigender Billigung der meisten Parteien, mit Ausnahme der Grünen.

Unterdessen haben die Mehrheitsverhältnisse geändert. Heute Morgen hat der Nationalrat entschieden, Tests sollten wieder gratis werden für alle. Auch wenn die Zustimmung des Ständerats noch aussteht: Bemerkenswert ist, wie deutlich dieser Entscheid im Nationalrat fiel.

Umdenken bei den Parteien

Die SVP lobte sich selber für ihre Forderung nach Gratistests, die Grünen erinnerten daran, dass sie dies schon immer gewollt hatten, die SP gab zu bedenken, dass kostenpflichtige Tests kleine Budgets stark belasten können und die Mitte sagte etwas weniger, stimmte aber mit nur einer einzigen Gegenstimme ebenfalls dafür.

Nur FDP und Grünliberale hielten dagegen. Rechneten vor, eine ungeimpfte Person, die dreimal wöchentlich testen lasse, koste die Staatskasse pro Halbjahr 20-mal mehr als eine geimpfte Person. Auch der Bundesrat warnte vergeblich vor hohen Kosten und einer allfälligen Überlastung der Testzentren.

Der Wunsch nach mehr Sicherheit

Das Umdenken der Parteien dürfte vielfältigen Hoffnungen entspringen, bei denen es im weitesten Sinn immer darum geht, dass Gratistests mehr Sicherheit bringen sollen:

Da ist die Hoffnung, dank Gratistests mehr Angesteckte aufzuspüren – und so die Weiterverbreitung des Virus zu verlangsamen. Mehr gesundheitliche Sicherheit also.

Da ist die Hoffnung, mit diesem Entgegenkommen gegenüber Ungeimpften einen Teil des Grabens zuzuschütten, der in den letzten Monaten zwischen den beiden Lagern entstanden ist. Mehr gesellschaftliche Sicherheit also.

Da ist die Hoffnung, ethische und rechtliche Bedenken zu zerstreuen von jenen, die monieren, heute seien die Hürden für Ungeimpfte, am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können, zu hoch. Mehr moralisch-rechtliche Sicherheit also.

Und da ist neuerdings auch die Hoffnung, bereit zu sein für den Fall, dass vermehrt auch von Geimpften Tests verlangt werden müssen – zum Beispiel im Zusammenhang mit der neu entdeckten Omikron-Variante, bei der noch unklar ist, wie viel die heutigen Impfungen nützen.

Es ist also nicht zuletzt auch der Wunsch nach einer Sicherheits-Vorkehrung für Geimpfte.

Nathalie Christen

Bundeshausredaktorin

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Christen ist Korrespondentin im Bundeshaus für Fernsehen SRF. Sie arbeitet seit 2002 für SRF. Unter anderem leitete sie die Bundeshausredaktion von Radio SRF und war Produzentin bei der «Arena». Zuvor war sie Bundeshausredaktorin beim «SonntagsBlick».

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Tagesschau, 2.12.2021, 19:30 Uhr

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