«Den rechten Arm hochnehmen ... Ohren bleiben weg von den Schultern ... Der linke Arm auf Schulterhöhe, Gewicht auf den rechten Fuss, das linke Bein nach vorn und dann öffnen ... In den Feigenbaum ...» Die Instruktionen von Yogalehrerin Sybille Schlittler werden begleitet von Vogelgezwitscher und dem fernen Brummen eines Traktors.
Die etwa 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Yogastunde stehen auf einer Wiese oberhalb von Wädenswil, auf dem Hof von Kurt Locher. Um sie herum spazieren mehrere Dutzend Alpakas. Konzentriert fressen sie die saftigen Gräser auf der Weide. Manchmal rufen die Stuten ihrem Nachwuchs – es klingt wie ein lautes Summen oder Brummen – je nach Tonlage. Von den Verrenkungen der Yogaklasse lassen sich die Tiere nicht stören.
Ist der erste Hunger gestillt, kommen manche Alpakas neugierig näher. Besonders das SRF-Mikrofon mit dem rot-weissen Logo ist von Interesse. Es wird daran geschnuppert – ob es wohl essbar ist?
Alpakas sind keine Kuscheltiere
Gegen Ende der Stunde, wenn die Gruppe für die letzten Übungen auf den Yogamatten liegt, lassen sich manche Alpakas auch in der Nähe der Menschen nieder. Ihnen um den Hals zu fallen und zu kuscheln, wie es in den sozialen Medien häufig gezeigt wird, ist jedoch nicht erlaubt. Das Wohl der Tiere steht im Vordergrund. Im Umgang mit ihnen gelten feste Regeln.
Für die befragten Teilnehmenden ist es ein einzigartiges Erlebnis. «Das war mega mit diesen Tieren auf der Wiese», sagt eine junge Frau. «Ich bin zur Ruhe gekommen und es war einfach schön, dass ich das erleben durfte», sagt ihre Freundin.
Auch ein junger Mann ist begeistert, obwohl er eigentlich zum Fallschirmspringen wollte – seine Freundin «entführte» ihn aber zum Yoga mit den Alpakas. Sein Fazit: «Eine komplett coole Erfahrung, es ist ein einzigartiges Gefühl mit diesen Tieren.»
Yogalehrerin Sybille Schlittler bestätigt die Erfahrungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. «Man kommt an in der Natur, die Alpakas vermitteln Ruhe.» Das Herz gehe auf, allein beim Anschauen der Tiere. Nebst dem Unterricht in einem Yogastudio in Wädenswil gibt sie seit diesem Jahr auch einzelne Yogastunden mit den Alpakas.
Das Herz geht auf, allein beim Anschauen der Tiere.
Diese Stunden seien nicht nur erfüllend, sondern auch immer für Überraschungen gut: «Wenn die Tiere plötzlich auf meiner Matte stehen, muss ich improvisieren.» Und wehe, jemand legt die Matte auf oder neben einen WC-Platz der Alpakas. Sie verrichten ihr Geschäft dann nämlich trotzdem dort.
Der Besitzer der Herde, Kurt Locher, war hingegen erst skeptisch über die Idee, seine Alpakas für Yogastunden zur Verfügung zu stellen. «Ich fand zuerst, das müsse nicht unbedingt sein. Ich glaubte auch nicht, dass jemand daran Interesse hat.»
Als einer der ersten in der Schweiz holte er vor über 20 Jahren Alpakas in die Schweiz. In einer Umgebung, in der nur Kühe, Ziegen oder Schafe auf den Wiesen standen, waren die Tiere in Wädenswil eine kleine Sensation. Seine Alpakas wurden zu einem beliebten Ziel für einen Sonntagsspaziergang. «Es kamen viele vorbei, um die Tiere zu fotografieren.» Heute besitzt er rund 40 Alpakas, die Tiere sind sein Hobby: «Andere gehen in die Ferien, ich habe meine Alpakas.»
Vom Yoga mit den Tieren ist Kurt Locher heute übrigens überzeugt. «Ich bin positiv überrascht, die Leute haben so Freude und sind rundum zufrieden darin.» Er findet es schön, dass die Menschen mit so einer Begegnung eine Beziehung zur Landwirtschaft und zur Natur aufbauen.