Der Lockdown im Frühling hat Opfer gefordert, viele Restaurants leiden noch heute unter den massiven Umsatzeinbussen. Rebekka und Christoph Blaser zum Beispiel mussten Ende August ihr Restaurant im Emmental schliessen und Konkurs anmelden. Dabei hatte der Start im letzten September verheissungsvoll begonnen. Noch im März hatte ihnen der lokale Versicherungsvertreter versichert, Ertragsausfälle bei einer Epidemie seien in ihrer Police abgedeckt.
Zurich Versicherung bezahlt nur Solidaritätsbeitrag
Doch dann lehnt die Zurich Versicherung ab. Sie schreibt: «Wir haben darum in unseren Zusatzbedingungen die Folgen einer Pandemie von der Versicherungsdeckung ausgeschlossen.» Blasers bekommen lediglich einen sogenannten Solidaritätsbeitrag von 12'500 Franken. Versichert hatten sie aber den Jahresumsatz. «Dieser Solidaritätsbeitrag steht in keinem Zusammenhang mit dem entgangenen Umsatz von 180'000 Franken», kritisiert Christoph Blaser.
Stellungnahme Zurich Versicherung
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«Der Grossteil der bei Zurich Schweiz versicherten Gastrobetriebe hatte vor dem Lockdown eine Epidemie-Versicherung ohne Ausschluss für das Covid-19-Szenario. Diese Betriebe haben von Zurich die volle Pandemiedeckung erhalten. Andere Versicherer haben durchschnittlich nur etwa 10 % (Marktschätzung) ihrer Kunden die volle Pandemiedeckung gewährt. Zurich hat bei fast allen Kunden 100 % des Schadens übernommen.
Die beiden im Beitrag erwähnten Betriebe gehören zur Minderheit der Zurich-Kunden, die einen ausdrücklichem Pandemie-Ausschluss in ihren Verträgen haben.
Deshalb ist Zurich aufgrund der vertraglichen Vereinbarung, wie auch gestützt auf die Auslegung in den Erst- und Rückversicherungsmärkten der Meinung, dass es sich im vorliegenden Fall um ein nicht versichertes Ereignis handelt.
Im Wissen um die Situation der Gastrobetriebe haben wir auch diesen nicht versicherten Kunden freiwillige Zahlung aus dem Zurich Solidaritätsfonds geleistet. Die Annahme dieser Zahlungen verpflichtet die Kunden nicht, auf den Rechtsweg zu verzichten. Die Vergleichszahlungen anderer Versicherer hingegen schon.
Der frühe Entscheid der sofortigen und unkomplizierten Unterstützung über einen solchen Solidaritätsfonds, erfolgte bei Zurich lange vor der allgemeinen Diskussion und in der Folge gänzlich ohne externen Druck.
Die Höhe der Zahlung aus dem Solidaritätsfonds ergibt sich unter anderem aus der Versicherungssumme.»
Bereits im Mai 2020 hatte «Kassensturz» über verschiedene Versicherungen berichtet, die vertraglich vereinbarte Leistungen nicht erbringen wollten. Sie behaupteten, eine Pandemie sei gemäss den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) ausgeschlossen.
Experten sind sich einig: So geht es nicht
Stephan Fuhrer, Professor für Privatversicherungsrecht an der Universität Basel, sagte damals, diese Argumentation sei unhaltbar. Er erklärte, das Gesetz schütze Konsumenten vor überraschenden Klauseln: «Wenn ich eine Epidemieversicherung kaufe, muss ich nicht damit rechnen, dass ich bei einer ganz schlimmen Epidemie keine Leistung bekomme.»
Zum selben Schluss kam der Ombudsman der Privatversicherung und Suva in einem Gutachten. Er rief danach Versicherungsgesellschaften und Versicherte auf, sich gütlich zu einigen.
Und auch Versicherungsexperte Ruedi Ursenbacher von Fairsicherung, der betroffene Wirte berät, beurteilt die Solidaritätszahlungen der Zurich Versicherung als ungenügend. Das sei weit weg von einer gütlichen Einigung.
Auch Carlos Ferreira, Besitzer des Restaurants Colombo in Baden, ärgert sich über seine Versicherung, die Helvetia. In den zwei Lockdown-Monaten gingen ihm rund 300'000 Franken Umsatz verloren. Carlos Ferreira hatte bei der Helvetia eine Epidemieversicherung abgeschlossen, doch erhalten soll er nun eine Abfindung von 90'000 Franken – etwa einen Drittel des Schadens.
Dazu will die Helvetia ihm eine neue Police aufzwingen. Sie schreibt: Mit der Annahme dieses Vergleichs akzeptiere der Wirt, dass «Epidemien und Pandemien» künftig «gleichermassen ausgeschlossen» seien. Das lässt sich Carlos Ferreira nicht bieten, er weist das Angebot zurück: «Wenn ich eine Prämie bezahle, dann möchte ich auch eine Leistung erhalten.»
Stellungnahme Helvetia
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«Helvetia ist für ihre Vergleichslösung von vielen Seiten gelobt worden. So betrachtet der Ombudsman der Privatversicherung und der Suva die Vergleichslösung ‹als fair›. GastroSuisse bezeichnet sie als ‹ein substantielles Angebot›.
Mit der Vergleichslösung reagierte Helvetia darauf, dass es unterschiedliche Auffassungen über die Wirksamkeit des Pandemie-Ausschlusses in der Epidemie-Versicherung gibt. Bis zu einer Beurteilung durch das Bundesgericht herrscht jedoch Unsicherheit über dessen Auslegung. Eine solche Beurteilung dürfte frühestens Mitte 2021 erfolgen, was in der aktuellen Situation niemandem hilft. Mit der Vergleichslösung sorgte Helvetia umgehend für Sicherheit und bot Hand für eine pragmatische Lösung, mit der betroffene Betriebe sofort für ihre Ausfälle aufgrund der zur Eindämmung von COVID-19 verordneten Betriebsschliessungen mittels einer Pauschale entschädigt wurden. Die Vergleichslösung ist sehr gut aufgenommen worden, über 95 Prozent der betroffenen Betriebe haben sie geprüft und stimmten ihr zu.»
Zur fraglichen Rechtmässigkeit der Klausel schreibt Helvetia: «Helvetia erachtet eine Pandemie als ein nur beschränkt versicherbares Risiko und hat daher in der Epidemie-Versicherung dieses Ereignis ausgeschlossen. Besteht keine Versicherungsdeckung, muss Helvetia keine Schäden vergüten. Diese Ansicht wird auch von einem Rechtsgutachten gestützt, das Helvetia bei einer renommierten Anwaltskanzlei hat erstellen lassen.»
Er hat entschieden, gegen die Helvetia vor Gericht zu ziehen. Leisten kann er sich das nur, weil er eine Rechtsschutzversicherung hat. Sein Anwalt Volker Pribnow vertritt erste Wirte, die gegen ihre Versicherung vor Gericht vorgehen möchten. Am weitesten fortgeschritten ist der Prozess von Carlos Ferreira. Pribnow sagt, der Prozess müsse geführt werden, denn es spreche vieles dafür, dass die Helvetia uneingeschränkt für den Umsatzausfall einstehen muss.
Das Aargauer Handelsgericht wird seinen Fall möglicherweise noch dieses Jahr entscheiden.
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