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Erleichterte Einbürgerung Schweizer «Swing States» als Zünglein an der Waage?

Für die erleichterte Einbürgerung braucht es nicht nur das Volksmehr, sondern auch eine Mehrheit der Stände. Ein paar Kantone lassen sich aber nicht klar dem Ja- oder Nein-Lager zuordnen – sie sind eine Art Schweizer «Swing States». Bei den Gegnern der Vorlage werden diese kaum berücksichtigt.

Noch eine gute Woche bis zum Abstimmungstermin – und dieser dürfte spannend werden. Auch bei der Vorlage zur «erleichterten Einbürgerung der dritten Ausländergeneration» ist trotz hoher Zustimmungswerte noch vieles offen . Denn als Verfassungsänderung braucht es das doppelte Mehr von Volk und Ständen.

Rechenspiele mit den «Swing States»

Das Forschungsinstitut gfs.Bern hat berechnet, in welchen Kantonen das Abstimmungsergebnis besonders knapp werden könnte. Die Modellrechnung stütze sich auf Resultate aus früheren Abstimmungen, sagt Politikwissenschaftlerin Martina Mousson:

«Beigezogen wurden dafür thematisch ähnliche Abstimmungen oder solche, in denen die Konfliktlinien ähnlich verlaufen sind.» Mousson spricht von einer Art Schweizer «Swing States» – ähnlich wie in den USA.

In diesen «Wackelkantonen» dürfte der Stimmenanteil aufgrund der Berechnungen besonders nahe an der 50-Prozent-Marke liegen. Konkret sind dies laut gfs.Bern die Kantone Wallis , Solothurn , Basel-Landschaft , Luzern , Zug und Graubünden .

2. SRG-Umfrage

Klar Ja sagen dürften laut der Berechnung die Kantone Genf, Waadt, Neuenburg, Jura, Freiburg, Bern, Basel-Stadt und Zürich – zusammengerechnet wären das aber nur 7,5 Standesstimmen. Für ein Ständemehr braucht es 12 Stände, ein Gleichstand mit 11,5 Standesstimmen würde als Ablehnung zählen.

Es müssten also von diesen sechs ‹Wackelkantonen› bzw. fünfeinhalb Ständen deren viereinhalb Ja sagen, damit das Ständemehr zustande kommt, sagt Mousson. Oder anders gesagt: Wenn nur zwei der «Swing States» Nein sagen, käme das Ständemehr schon nicht mehr zustande.

Doch die breite Plakatkampagne der Gegner ziele nicht auf diese Wackelkantone, sondern fokussiere auf Bahnhöfe schweizweit und auf die grossen, eher linken Städte, sagt Kampagnenleiter Nationalrat Andreas Glarner (SVP/AG). Zwar sei das Ständemehr durchaus ein Thema, doch hätten die «Burka-Plakate» ihre Wirkung getan. «Wir werden nichts mehr verstärken oder zusätzlich machen – aber wir hoffen natürlich auf die ‹Swing States›», sagt Glarner.

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Operation Libero zielt auf Wackelkantone

Die Plakatkampagne des Pro-Lagers läuft seit Anfang Woche. Finanziert wird sie allerdings nicht von den grossen Parteien FDP und SP, die sich den Lead bei der Kampagne teilen, sondern von der Gruppierung Operation Libero. Diese hatte mittels Crowdfunding Geld dafür gesammelt. 150‘000 Franken kamen bisher zusammen, die vollumfänglich in die Plakatkampagne fliessen.

Der Wichtigkeit des Ständemehrs ist der Kampagnen-Leiterin Annina Fröhlich durchaus bewusst. «Wir haben von Anfang an gewusst, dass das Ständemehr entscheidend sein wird», sagt sie.

Man habe eigene Berechnungen angestellt, auch auf der Grundlage vergangener Abstimmungen zum Thema erleichterte Einbürgerungen und sei teils auf ähnliche Kantone gekommen wie das Forschungsinstitut gfs.Bern. «Nun konzentrieren wir unsere Plakate auf diese Kantone.» Die Pro-Plakate hängen ebenfalls an Bahnhöfen, die gedruckten Plakate konzentrieren sich indes ganz auf die entscheidenden Kantone.

Bei FDP und SP hingegen fehlt das Geld für eine Plakat-Kampagne. Alle Mittel würden in den Abstimmungskampf für bzw. gegen die Unternehmenssteuerreform III fliessen, heisst es. Die grossen Parteien setzen also nicht auf die Schlussmobilisierung. Dies, obwohl ein Schlussspurt in den Schweizer «Swing States» das Rennen entscheiden könnte.

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