Die Justizvollzugsanstalt (JVA) Thorberg im Kanton Bern ist punkto Negativschlagzeilen wohl die Spitzenreiterin in der Schweiz. In 10 Jahren hat viermal das Direktorium gewechselt. Insassen haben für bessere Haftbedingungen gestreikt. Aus Protest zündete sich vor einem Jahr ein Gefangener selbst an.
Seit rund 100 Tagen ist Regine Schneeberger Georgescu Thorberg-Direktorin – die erste Frau in diesem Amt. Sie will vermehrt auch Frauen für die Arbeit mit den Häftlingen einstellen.
Der Thorberg wird im Volksmund «Hoger» genannt. Er liegt auf einem Hügel im Emmental. Das ehemalige Kloster ist bereits seit 1848 ein Gefängnis.
Früher wurden die Insassen fürs Essen in die Zellen gesperrt.
Für einen modernen Strafvollzug ist es wenig geeignet. «Eine Turnhalle wird es auf dem Thorberg nie geben», sagt die neue Direktorin. Trotzdem sind Neuerungen möglich: «Früher wurden die Insassen fürs Essen in die Zellen gesperrt, heute hat es auf dem Gang Tische, sie können zusammen essen.» Die Zellen seien während des Tages offen, erklärt Schneeberger Georgescu.
Knapp 90 Prozent ausländische Insassen
Auch können die Gefangenen regelmässig Video-telefonieren und so beispielsweise den Kontakt mit ihren Kindern im Ausland pflegen. Das ist wichtig, denn der Ausländeranteil beträgt fast 90 Prozent.
Das Hauptkriterium für einen geschlossenen Vollzug ist die Fluchtgefahr. Diese ist bei verurteilten Ausländern grösser. Viele ausländische Insassen empfangen wenig Besuch. Trotzdem sollen neu die Kinder ihre Väter in einer wohnlichen Umgebung besuchen können. Ein Raum für diese Besuche wird gerade umgebaut.
Ungeachtet davon steht die JVA Thorberg immer noch in der Kritik. Die Antifolterkommission der Schweiz beanstandet die Bedingungen für Verwahrte.
Denn auch wenn diese ihre Strafe abgesessen haben, fehlen gewisse Privilegien, die ihnen zustehen würden: eine Kaffeemaschine oder ein Computer beispielsweise. Regine Schneeberger Georgescu will nun für Verwahrte eine eigene Abteilung einrichten, die einen grösseren Spielraum eröffnet.
Obwohl die allermeisten Häftlinge die Schweiz nach ihrer Haft verlassen müssen, sollen sie trotzdem möglichst gut auf ein Leben in Freiheit vorbereitet werden. Für die Direktorin gehört dafür der alltägliche Kontakt mit Frauen dazu.
Für die Arbeit mit den Insassen, beispielsweise in den Arbeitsateliers, will sie mehr Frauen einstellen. «Das Risiko bei der Betreuung eines Einbrechers ist für eine Frau nicht grösser als für einen Mann», erklärt die Thorberg-Direktorin.
Bei Tätern, die wegen Gewaltdelikten inhaftiert sind, wird die Sicherheit allerdings erhöht: «Es darf keine Frau allein mit einem Insassen in einem Raum sein», so Schneeberger Georgescu. Und dass Männer und Frauen in getrennten Strafvollzugsanstalten sind, ist sowieso vom Gesetz vorgeschrieben.
Strafvollzug ist Teamarbeit.
Nach 100 Tagen im Amt zählt Regine Schneeberger Georgescu auf ihr Team. Sie ist fest überzeugt: «Strafvollzug ist Teamarbeit.» Alle müssen einander helfen.
Was die neue Direktorin der JVA Thorberg am meisten fürchtet: einen schwerwiegenden Vorfall, einen Ausbruch oder Gewalttätigkeiten. Etwas, das wohl alle Direktorinnen und Direktoren im Strafvollzug gemeinsam haben.